Rede zur langfristigen Wasserstrategie für den Lahn-Dill-Kreis

 

Rede zum Antrag „Langfristige Wasserstrategie für den Lahn-Dill-Kreis“ (Antrag der Fraktion DIE LINKE), in der 18. Kreistagssitzung am 17.07.2023, gehalten von Dr. Jan Marien, Bündnis 90/ Die Grünen, Mitglied des Kreistages. Hier gehts zum Youtube-Video.

 

 

Sehr geehrter Herr Vorsitzender,

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

 

die Fraktion die LINKE spricht in Ihrem Antrag ein wichtiges Thema an, das in den vergangenen Tagen ja auch in verschiedenen Kontexten in der Öffentlichkeit diskutiert worden ist.

Wasser ist eine elementare Ressource, mit der man in jedem Fall sorgsam umgehen muss. Der rapide fortschreitende Klimawandel macht dieses Thema jetzt für jede Bürgerin und jeden Bürger unmittelbar erfahrbar und wir sind daher gut beraten, uns noch intensiver mit einer nachhaltigen Verwendung von Trinkwasser, dem Schutz unserer Oberflächengewässer, den Grund- und Quellwasservorkommen zu beschäftigen.

Dass Deutschland ein Wasserproblem hat und auf eine Krise zusteuert, ist unter Fachleuten und FachpolitikerInnen längst Gewissheit.

Lassen Sie mich deshalb einmal, und das kommt nicht häufig vor, den Bayrischen Umweltminister Thorsten Glauber von den Freien Wählern zitieren, der gewiss nicht unter Verdacht steht, zu Klimaaktivisten zu gehören, die sich gerade auf eine Strasse geklebt haben. In der Regierungserklärung vom 28.10.2020 im Bayrischen Landtag sagt er:

[Zitat] „Wir sind auf dem besten Weg in einen Grundwassernotstand! Die Landschaft trocknet aus. Es fehlt uns an Wasser in der Fläche und in der Tiefe. Wir müssen deshalb zurück in die Zukunft. Der hitzegestresste Boden wird zu Knäckebrot, irgendwann zu Sand, er hat kein Wasser mehr und nimmt auch keines mehr auf. Wir müssen weg von entwässerten Böden, auf die die Sonne knallt. Die Vision ist der speicherfähige Boden mit Schatten spendenden Uferstreifen.“ [Zitat Ende]

Wir laufen nach 2018, 2019, 2020 und 2022 jetzt bereits in den fünften Dürresommer.

In Summe der letzten 10 Jahre fehlt uns ein komplettes Jahr an Niederschlag.

Leider wird aber der Antrag der LINKEN dieser Aufgabe nicht gerecht.

Zum einen ist er fachlich sehr unspezifisch formuliert. Eine Wasserstrategie beinhaltet nicht nur den Aspekt Trinkwasserversorgung, sondern auch das Thema Abwasser, Oberflächenwasser, Grund- und Quellwasser sowie das Thema Hochwasserschutz.

In den Ausführungen scheint es der LINKSfraktion aber vor allem um den Aspekt Trinkwasser zu gehen. Hier hat der Kreis allerdings keine Zuständigkeit.

Diese liegt beim Land Hessen und seinen Behörden einerseits und den Kommunen andererseits.

Wenn wir also über das Land Hessen reden, so verweise ich auf den Zukunftsplan Wasser des Landes Hessen, der im Sommer letzten Jahres verabschiedet worden ist. Es handelt sich um einen wasserwirtschaftlichen Fachplan, der sich mit all den Fragestellungen, die der jetzige Antrag der LINKSfraktion aufwirft, auseinandersetzt und eine Lösungsstrategie anbietet.

Eine effiziente Wassernutzung, Rahmenbedingungen für eine langfristige Sicherstellung der Wasserversorgung sowie Anforderungen und Maßgaben des vorsorgenden Schutzes der Wasserressourcen sind die Kerninhalte dieses Planes.

Ist damit alles gut? Aus unserer Sicht sollte durch den Bundesgesetzgeber endlich eindeutig klar gemacht werden, dass die öffentliche Trinkwasserversorgung Vorrang hat vor allen anderen Nutzungen.

Und ein Schritt in diese Richtung, den die Landesregierung gehen kann, ist die Einführung eines Wasserentnahmeentgeltes (des soge. Wassercents). Dieser sollte so gestaltet sein, dass es keine privilegierten Entnahmen von Trinkwasser durch private Nutzer mehr gibt. Lediglich die Bundesländer Hessen, Bayern und Thüringen verzichten zurzeit noch auf ein entsprechendes Entgelt. Und der Bayrische Ministerpräsident hat eine Einführung für das Jahr 2024 in Aussicht gestellt.

Und die Kommunen? Ihnen obliegt als Träger der Daseinsvorsorge im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie die Trinkwasserversorgung.  Sie erfüllen die Aufgabe eigenverantwortlich und weisungsfrei, können die Aufgaben auf andere Körperschaften des öffentlichen Rechts oder auf private Dritte (z.B. eine Versorgungs-GmbH) übertragen.

Hier können wir uns viel wünschen, etwa eine Zisternenpflicht in Neubaugebieten oder Schwammstadtkonzepte in den größeren Kommunen, Renaturierung von Flussläufen oder die Gestaltung von Retentionsflächen: Wir haben als Kreis nur eben keine Zuständigkeit.

Wenn man also in den konkreten Maßnahmenplan des Zukunftsplanes Wasser ab S. 91 schaut, so findet man dort als Maßnahmenträger vorwiegend das Land bzw. die Landesbehörden sowie die Kommunen. Die Landkreise haben für all diese Maßnahmen einfach keine Zuständigkeit.

Somit wäre es auch nicht zielführend, wenn der Landkreis eine eigene Wasserstrategie entwickeln würde.

Ich möchte auch anmerken, dass es mir auch sachlich viel naheliegender scheint, diese Strategie großräumiger auszuarbeiten, in diesem Fall für ganz Mittelhessen. Insofern liegt die richtige Zuständigkeit bei der oberen Wasserbehörde beim RP in Giessen.

Aus diesen Gründen werden wir den Antrag ablehnen.

Wenn wir aber in Zukunft aus dem Landkreis heraus unsere Städte und Gemeinden bei diesem wichtigen Thema stärker unterstützen und beraten wollen, dann müssen wir auch die dafür notwendigen Stellen schaffen. Dies kann dann Gegenstand der Debatte um den nächsten Doppelhaushalt sein.

 

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

 

 

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