Videoaufzeichnung der Kreistagssitzung

Foto: Pexels / Donald Tong

Rede zur Videoaufzeichnung der Kreistagssitzung im Probebetrieb, in der 8. Kreistagssitzung am 28.03.2022, gehalten von Dr. Jan Marien, Bündnis 90/ Die Grünen, Mitglied des Kreistages.

Sehr geehrter Herr Kreistagsvorsitzender,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

am 10.5.2021 haben wir hier beschlossen, dass wir im HFWO über das Für und Wider von Ton- und Filmaufnahmen beraten wollen und dass wir dann hier im Kreistag darüber entscheiden wollen.

In der Zwischenzeit haben wir uns in mehreren Sitzungen des HFWO ausführlich damit beschäftigt, unter anderem hat unser KT-Vorsitzender am 9.9.2021 in einer ausführlichen Präsentation dazu Möglichkeiten aufgezeigt, wir haben eine Stellungnahme des hessischen Datenschutzbeauftragten vorliegen.

Am 3.2. diesen Jahres hatten wir eine Online-Schaltung mit Frau Meixner-Römer, der KT-Vorsitzenden des KT Groß-Gerau sowie mit Frau Schäfer, Mitarbeiterin des KT Büros Groß-Gerau. Diese haben ausführlich von ihren Erfahrungen im Kreis Groß-Gerau berichtet und wir hatten die Gelegenheit, viele, auch kritische Fragen, mit ihnen zu diskutieren.

Nach wie vor gibt es viele gute Argumente für eine Bereitstellung von Videoaufnahmen:

An erster Stelle möchte ich hier den Vertrauensgewinn durch die Transparenz nennen, die wir mit solchen Aufnahmen herstellen würden. Für viele Menschen ist dies eine viel einfachere Möglichkeit, sich einzelne Debatten des Kreistages anzuschauen, als persönlich eine KT Sitzung zu besuchen.

Und ganz persönlich möchte ich an dieser Stelle ergänzen, gerade jetzt erfahren wir doch, wie wertvoll unsere Demokratie ist: und ich halte es für sehr wichtig, hier einen niederschwelligen Zugang zu den Mechanismen, Verfahren und Abläufen in der Kommunalpolitik zu bieten, um damit für Verständnis und Akzeptanz in der breiten Mehrheit der Bevölkerung zu wirken.

Nicht zu vernachlässigen ist sicherlich auch eine gestärkte und breitere öffentliche Wahrnehmung unseres Gremiums; so berichtete Frau Meißner Römer etwa davon, dass Schulklassen immer wieder die Videos für ihre politische Bildungsarbeit nutzen.

Genauso sollten wir aber nicht aus dem Auge verlieren, dass es nach wie vor bei vielen Abgeordneten Bedenken gibt.

Ich möchte auf einige eingehen:

So sind die Mehrzahl der hier anwesenden Kommunalpolitiker*innen keine Berufspolitiker*innen und es gibt einige, für die Videoaufzeichnungen dazu führen können, dass sie sich weniger an Debatten beteiligen würden. Dies hätte zur Folge, dass dann Anzahl und Umfang der Redebeiträge der Berufspolitiker steigen würde, was sicherlich nicht im Interesse dieses Gremiums ist.

Eine weitere Sorge ist, dass sich möglicherweise die Debattenkultur verändern kann: Die Tatsache, dass Filmaufzeichnungen entstehen, könnte dazu verleiten, besonders reißerische und publikumswirksame Auftritte zu fördern, die die eigentliche Debatte nicht wirklich voranbringen. In der heutigen Debatte haben wir ja wieder einige Beispiele dafür erleben können.

Auch die mißbräuchliche Verwendung des Filmmaterials wird in Diskussionen immer wieder angeführt.

Ich finde, diese Bedenken sollten wir ernst nehmen und nicht einfach vom Tisch wischen, das gebietet einfach der faire Umgang miteinander.

Und schließlich: Auch die Frage von Aufwand zu Nutzen kann hinterfragt werden: Wie groß ist der tatsächliche Aufwand der Videoproduktion und wie viele Nutzer*innen werden letztlich dadurch angesprochen.

Deshalb haben wir eine aus unser Sicht gute Lösung gefunden. Wir werden in drei Sitzungen Videoaufzeichnungen ausprobieren und dann ergebnisoffen die Erfahrungen auswerten; der Probebetrieb endet automatisch und es bedarf eines neuen Beschlusses des KT, dieses oder ein modifiziertes Verfahren dauerhaft einzuführen.

Im übrigen sind wir uns in vielen Verfahrensfragen einig:

  • Es geht um Videoaufzeichnungen, nicht um live streaming.
  • Jede und jeder Abgeordnete hat jederzeit das Recht, einer Aufzeichnung zu widersprechen oder diese auch nachträglich entfernen zu lassen.
  • Das Bildrecht verbleibt beim Kreistag.
  • Und, für den Probebetrieb haben wir uns darauf geeinigt, dass die Aufnahmen nach 1 Jahr gelöscht werden.

Ich denke, mit dieser Vorgehensweise und der mit großer Mehrheit angenommen Beschlussempfehlung des HFWO können wir die Änderung des §22a der Geschäftsordnung des Kreistages und damit den Probebetrieb mit großer Mehrheit beschließen.

Vielen Dank.

Hinweis: Es handelt sich bei dieser Rede um die Niederschrift einer im Kreistag gehaltenen Rede. Es gilt das gesprochene Wort.

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