2. Kapitel: In die Zukunft wirtschaften

Vorwort

Klimaneutralität ist die große Chance für den Industriestandort Deutschland. Grüne Technologien aus Deutschland werden weltweit nachgefragt. Beim erneuerbaren Wasserstoff sind wir Europäer*innen noch führend. Für große Teile der deutschen Industrie ist das Pariser Klimaabkommen fester Bestandteil der Planungen geworden, unternehmerische Investitionsstrategien sind auf Klimaschutz ausgerichtet. Die meisten wissen, dass die Märkte der Zukunft klimaneutral sind. Und sie wissen: Deutschland kann so viel mehr. In den Unternehmen, den Köpfen und den Strukturen stecken die Innovationskraft und der Wille, in die Zukunft zu wirtschaften. Wir sehen, mit welcher Agilität Unternehmer*innen neue Ideen oder Geschäftsmodelle entwickeln und dabei auch ihrer sozialen Verantwortung gerecht werden wollen. Und wir sind überzeugt, dass das freie und kreative Handeln, die Dynamik eines fairen Wettbewerbs und die Stärke von gesellschaftlicher Kooperation innovativ Probleme lösen.

Die Digitalisierung bedeutet einen weiteren großen Umbruch, der unsere Wirtschaft und die Gesellschaft maßgeblich prägt. Wir wollen die Digitalisierung gestalten und dafür sorgen, dass notwendige Innovationen in Europa entwickelt und marktfähig werden. Deutschland und Europa sollen auch bei Zukunftstechnologien die Spitze beanspruchen. Dafür nutzen wir auch die Gestaltungsmöglichkeiten der deutschen G7-Präsidentschaft 2022.

Allerdings steht die deutsche und europäische Wirtschaft unter großem Druck: Unser Industrieland muss sich im globalen Wettbewerb mit autoritärem Staatskapitalismus und weitgehend unregulierten Techgiganten behaupten. Die Pandemie hat viele Wirtschaftszweige hart getroffen, einige Sektoren hatten schon zuvor die Transformation verschlafen. Die Klimakrise und die Endlichkeit von Ressourcen verlangen ein Umsteuern. Zugleich ist unser Verständnis von dem, was Wohlstand ist, im Wandel. Wenn wir es jetzt aber klug anstellen, können wir unser Wirtschafts- und Finanzsystem neu eichen. Dann können wir dafür sorgen, dass Wachstum nur im Einklang mit den planetaren Grenzen stattfindet, statt unsere natürlichen Ressourcen zu übernutzen.

Unsere Sozialsysteme, den Arbeitsmarkt und die Staatsfinanzierung richten wir darauf aus, auch beim Wirtschaften innerhalb dieser Grenzen stabil zu bleiben. Wir können eine sozial-ökologische Marktwirtschaft im Sinne des Gemeinwohls in Europa begründen, die Wohlstand mit Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit versöhnt und den Menschen dient. Sie ist Ausgangspunkt für eine neue wirtschaftliche Dynamik, die zukunftsfähige Jobs schafft, im Handwerk, bei Start-ups oder in der Dienstleistungsbranche, die Lebensqualität sichert, uns Menschen freie Entfaltung ermöglicht und einen klimagerechten Wohlstand schaffen kann.

Dafür ist eine Politik nötig, die will, die nach vorne führt und verlässlich steuert. Nicht weil der Staat besser wirtschaften kann, sondern weil die Wirtschaft klare Verhältnisse, verlässliche politische Rahmenbedingungen und Anreize braucht. Nur dann haben Unternehmen Planungssicherheit und wissen, dass sich klimaneutrales, nachhaltiges Wirtschaften lohnt. Und nur dann kann sich die Innovationskraft von Beschäftigten und Unternehmer*innen entfalten in einzelbetrieblich sinnvollen Entscheidungen für nachhaltigen Wohlstand.

Ungeregelte Märkte können sehr viel zerstören. Wenn wir Märkte aber nachhaltig und sozial gestalten, können sie Innovationen entfachen, die wir für die Transformation brauchen. Damit das gelingt, stellen wir die Weichen konsequent auf Klimaneutralität und Kreislaufwirtschaft und ermöglichen der Wirtschaft neue Spielräume innerhalb der planetaren Grenzen. Wir schaffen Anreize, streichen umweltschädliche Subventionen und setzen ordnungspolitische Regeln, damit nachhaltig produziert, gehandelt und konsumiert wird. Wir nutzen Konzepte wie Wachstum, Effizienz, Wettbewerb und Innovation als Mittel zum Zweck und bemessen klimagerechten Wohlstand, das eigentliche Ziel von Politik, neu. Wir starten eine umfassende Investitionsoffensive, öffentlich wie privat, um dem immensen Investitionsstau in unserem Land zu begegnen und Klimaschutz, Digitalisierung und Bildung deutlich zu stärken. Dafür setzen wir auf eine vorsorgende Haushaltspolitik.

Wir gehen die Ungerechtigkeiten im Steuersystem entschlossen an und nutzen die Lenkungswirkung von Steuern für Klimaschutz und Kreislaufwirtschaft. Wir sorgen dafür, dass sich sehr wohlhabende und reiche Menschen und große Konzerne ihrer Verantwortung stärker stellen. Globale Konzerne sollen nicht mächtiger sein als Staaten – es gilt das Primat der demokratischen Politik zu behaupten. Wir wollen die enorme Kluft zwischen Arm und Reich verringern, denn Gesellschaften, in denen die Ungleichheit gering ist, sind insgesamt zufriedenere Gesellschaften. Hohe Einkommen und Vermögen sollen deshalb mehr zur Finanzierung unseres Gemeinwesens beitragen und niedrige werden entlastet. Anhaltende schwere wirtschaftliche Ungleichgewichte in Europa und weltweit wollen wir ebenfalls helfen abzubauen, indem wir in Deutschland verstärkt öffentlich investieren und gute Löhne durchsetzen.

Wirtschafts- und Finanzpolitik muss europäisch gemacht werden. Als Europäer*innen können wir mit unserem starken gemeinsamen Binnenmarkt internationale Standards setzen und Innovationen vorantreiben. Solange es Wettbewerbsverzerrung gibt, braucht es auch den Schutz des EU-Binnenmarktes und vor allem der kritischen Infrastruktur. Zugleich setzen wir uns für eine gemeinsame strategische Außenwirtschaftspolitik ein, die Fairness zu einem Gebot des internationalen Wettbewerbs und des freien Welthandels macht und weltweit nachhaltiges und menschenrechtskonformes Wirtschaften befördert. Als Europäer*innen investieren wir gemeinsam in Klimaschutz, Forschung und den Wohlstand der Zukunft, den Weg dahin bereit ein Green New Deal. In einer Bundesregierung werden wir alles dafür tun, dass die Europäische Union der erste CO2-freie Wirtschaftsraum wird.

So legen wir die Grundlagen dafür, dass Deutschland und Europa erfolgreiche Industriestandorte mit einem leistungsfähigen Mittelstand, hoher Wertschöpfung, starkem Sozialstaat und guten Arbeitsplätzen bleiben – in traditionsreichen und innovativen Industrieunternehmen, im Maschinenbau, in kleinen und mittelständischen Betrieben. Mit einer aktiven Wirtschafts- und Industriepolitik zeigen wir eine Richtung auf und bieten zukunftsfähigen Unternehmen gute Bedingungen. So machen wir aus der Marke „Made in Germany“ ein Gütesiegel für eine zukunftsfähige Wirtschaft in einem klimaneutralen und sozialen Europa. Außerdem fördern wir eine kooperative und fürsorgende Wirtschaftsweise. So entstehen viele Arbeitsplätze in regionalen Wertschöpfungsketten, gemeinwohlorientiert statt gewinnorientiert. Wir brauchen eine vielfältige Wirtschaft, die widerstandsfähig gegenüber Krisen wird.

 

Wir fördern Unternehmer*innengeist, Wettbewerb und Ideen
Ein Jahrzehnt der Zukunftsinvestitionen

Nach der Corona-Pandemie braucht unser Land einen neuen wirtschaftlichen Aufbruch. Das Beste, was die Politik dazu beitragen kann, ist, das zu tun, was sie die letzten zehn Jahre sträflich versäumt hat: in unsere gemeinsame Zukunft zu investieren. Nur wenn auch der Staat seinen Teil beiträgt, wenn öffentliche und private Investitionen gemeinsam auf ein Ziel ausgerichtet werden, wird Europa den Anschluss im Bereich moderner Zukunftstechnologien halten und sich im Wettbewerb mit den USA und China behaupten können. Wir starten in der nächsten Legislaturperiode eine Investitionsoffensive. Mit Investitionen in schnelles Internet, überall. Spitzenforschung vom Quantencomputer bis zur modernsten Biotechnologie. In klimaneutrale Infrastrukturen, in Ladesäulen, einen Ausbau von Bahn-, Fuß- und Radverkehr, emissionsfreie Busse, in Energiespeichertechnologien, erneuerbare Energien und moderne Stadtentwicklung. Wir wollen, dass Deutschland bei den öffentlichen Investitionen im Vergleich der Industrieländer vom Nachzügler zum Spitzenreiter wird und in diesem Jahrzehnt pro Jahr 50 Milliarden Euro zusätzlich investieren. Diese Investitionen sollen auch dem Gender Budgeting unterliegen. So gelingt die sozial-ökologische Transformation, so schaffen wir nachhaltigen Wohlstand und sichern die Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes in einer handlungsfähigen Europäischen Union.


Neustart nach der Corona-Krise

Die Corona-Pandemie hat viele Unternehmen hart getroffen. Während die einen sich hoch verschulden mussten, haben es andere nicht durch die Krise geschafft und mussten ihr Geschäft aufgeben. Besonders hart sind Restaurants, Gaststätten, Hotels, die Tourismus- und Veranstaltungsbranche, die Kulturwirtschaft, aber auch viele Einzelhändler*innen und Solo-Selbständige betroffen. Ein Neustart nach der Corona-Krise muss daher gezielt den besonders betroffenen Branchen helfen – und zugleich ein Signal für den Richtungswechsel zur Klimaneutralität setzen. Damit sichern wir Existenzen, erhalten Arbeitsplätze und setzen zielgenaue konjunkturelle Impulse. Hierfür dehnen wir vor allem für kleine und mittlere Unternehmen den steuerlichen Verlustrücktrag aus, führen attraktive und zeitlich begrenzte
Abschreibungsbedingungen ein und helfen kleinen und mittleren Unternehmen, sich mit vereinfachten Restrukturierungsverfahren leichter neu aufzustellen, ohne Insolvenz anmelden zu müssen. Falls Coronahilfen zurückgezahlt werden müssen, benötigen die Unternehmen großzügige Konditionen. Für viele Selbständige können sichere Aufträge durch handlungsfähige Kommunen den Neustart nach der Pandemie unterstützen. Die Kunst- und Kulturbranche wollen wir unter anderem durch eine abgestimmte Kulturförderpolitik stärken und eine zweite Gründungschance. In der Corona-Krise wurden viele Aktiengesellschaften durch staatliche Hilfen gestützt. Mittels Kurzarbeiter*innengeld, Beteiligungen oder anderer Finanzhilfen wurden die Unternehmen vor der Pleite bewahrt. Für neue Hilfen muss gelten: Firmen, die Staatshilfen erhalten, dürfen keine Dividenden ausschütten.

 

Klimaschutztechnologien made in Germany

Der globale Wettbewerb um die Technologien von morgen ist in vollem Gange. Made in Germany soll zukünftig nicht nur für Qualität, sondern noch stärker für nachhaltige und innovative Produkte und Prozesse stehen. Digitalisierung und Klimaneutralität müssen Staat und Unternehmen gemeinsam in Angriff nehmen. Während der Staat mehr öffentliche Investitionen realisiert, wollen wir zugleich Anreize für mehr Investitionen durch Unternehmen setzen. Dafür erweitern wir zielgerichtet die Spielräume für die Unternehmen: Investitionen sollen zeitlich befristet degressiv mit mindestens 25 Prozent abgeschrieben werden können. Die steuerliche Förderung von Forschung soll künftig gezielter an KMUs und Start-ups fließen, ihre Wirksamkeit wollen wir evaluieren und erhöhen. Öffentliche Investitionszuschüsse sollen gerade bei neuen Technologien eine Starthilfe geben; Klimaverträge helfen, dauerhafte Planungssicherheit für langfristige Klimaschutzinvestitionen zu geben.

 

Ein Gründungskapital einführen

Um den Wohlstand von morgen zu sichern, brauchen wir eine neue Gründer*innenwelle. Mit einem Gründungskapital, das für Gründer*innen und Nachfolger*innen einen Einmalbetrag bis maximal 25.000 Euro sicherstellt, wollen wir dafür sorgen, dass keine gute Idee und kein Neustart an zu wenig Eigenkapital scheitert. Bedingung ist, dass die geförderte Gründung sich an den UN-Nachhaltigkeitszielen ausrichtet und eine Wirtschaftlichkeitsprüfung durch Sachverständige durchgeführt wird. Gründer*innen sollen es leicht haben: Statt sich durch ein Verwaltungsdickicht quälen zu müssen, sollen sie Information, Beratung und die Möglichkeit zur Anmeldung in einer zentralen Anlaufstelle erhalten – überall in Deutschland. In den ersten zwei Jahren sollen sie weitgehend von Melde- und Berichtspflichten
befreit werden. Frauen sind bei Gründungen und Nachfolgen noch unterrepräsentiert, sie wollen wir gezielt fördern mit einem staatlichen Wagniskapitalfonds nur für Frauen. Vergabe- und Auswahlgremien besetzen wir paritätisch. Hürden sollten auch für Menschen mit Migrationsgeschichte abgebaut werden, hier lässt unser Land ein riesiges Potenzial brachliegen. Bei der öffentlichen Vergabe beziehen wir Start-ups besser ein und vereinfachen dafür Vergabeverfahren und Regeln zur Eignungsprüfung. Wir werden die Mitarbeiterbeteiligung breiter zugänglich machen und erleichtern. Immer mehr Start-ups wollen mit digitalen Lösungen das Gemeinwohl stärken. Dazu integrieren wir sozial-ökologische Kriterien stärker in die bestehende Gründungsfinanzierung.


Fairer Wettbewerb um klimaneutrale Industrietechnologien

Die energieintensiven Industrien – Stahl, Zement, Chemie – stehen für 15 Prozent des deutschen CO2-Ausstoßes. Zugleich bieten sie hunderttausende gute Arbeitsplätze und sind ebenso Eckpfeiler unseres Wohlstandes. Wir wollen diese Industrien zum Technologievorreiter bei der Entwicklung klimaneutraler Prozesse machen. Der Maschinenbau kann beim weltweiten Einsatz grüner Technologien made in Germany eine Schlüsselrolle einnehmen. So bekämpfen wir die Klimakrise und tragen zur Sicherung des deutschen Industriestandorts bei. Damit die Investitionen schon heute in auch langfristig klimaverträgliche Anlagen fließen können, fördern wir mit Investitionszuschüssen und degressiven Abschreibungen direkt die Transformation. Mit dem Abbau von Hürden bei der grünen Eigenstromversorgung und einem zunehmenden Einsatz von grünem Wasserstoff treiben wir die Dekarbonisierung der Prozesse voran. Klimaverträge (Carbon Contracts for Difference), die die Differenz zwischen dem aktuellen CO2-Preis und den tatsächlichen CO2-Vermeidungskosten finanzieren, sorgen für Investitionssicherheit. Und mit Quoten für den Anteil CO2-neutraler Grundstoffe schaffen wir Leitmärkte für CO2-freie Produkte. Pilotanlagen für noch nicht marktreife emissionsarme Technologien wollen wir besonders fördern. Und sofern möglich, sollte das Ziel sein, dass neue Industrieanlagen bereits emissionsfrei betreibbar gebaut bzw. exportiert werden. Bei der Transformation der Chemieindustrie setzen wir auf neue innovative Produkte, Prozesse und Verfahren, die neben der Treibhausgasneutralität auch die Kreislaufwirtschaft fördern, die Effizienz steigern, Emissionen und Abfälle von vornherein vermeiden und uns unabhängig von fossilen Rohstoffen wie Erdöl oder Erdgas machen.


Zukunftsfähige Automobilindustrie

Die Automobilindustrie steht vor gewaltigen Umbrüchen. Weltweit läuft der Wettbewerb um das emissionsfreie und digitale Auto der Zukunft. Nach Jahren des Stillstands hat sich auch die Branche in Deutschland endlich auf den Weg gemacht. Jetzt braucht es Entschlossenheit und Zusammenarbeit, um zukunftsfähige Arbeitsplätze und klimagerechte Wertschöpfung in der Autoindustrie zu schaffen. Die Transformation der Automobilwirtschaft hin zum wichtigen Akteur für nachhaltige Mobilität ist notwendig. Der Politik kommt dabei eine zentrale Rolle zu, sie muss den Rahmen setzen und den Transformationsprozess gestalten. Klar ist dabei: Der Verbrennungsmotor hat keine Zukunft. Wir wollen ab 2030 nur noch emissionsfreie Autos neu zulassen. Zudem wollen wir auch in der Autoindustrie
Standards für eine Kreislaufwirtschaft und klimaneutrale Produktion sowie die Dekarbonisierung im Stahlbereich setzen, sodass der ökologische Fußabdruck der Fahrzeuge immer kleiner wird. Wir unterstützen diese Transformation mit Forschungs- und Innovationsförderung für alle Technologieoptionen und wollen den schnellen Aufbau der Ladesäuleninfrastruktur und den Markthochlauf von emissionsfreien Fahrzeugen im Rahmen eines kostenneutralen Bonus-Malus-Systems fördern. Die Potenziale neuer Mobilitätsdienstleistungen und des autonomen Fahrens für den Industriestandort und auch für Klimaschutz und Verkehrssicherheit wollen wir dabei heben. Zudem gilt es, die Chancen für Wertschöpfung und Arbeitsplätze der Mobilitätswende in den Blick zu nehmen: von neuen Jobs im ÖPNV bis zur Fahrzeugproduktion. Wichtig ist zudem, dass Deutschland und Europa schnell den Anschluss bei der Batteriezellenproduktion finden. Gerade für die Batterien der nächsten Generation, die günstiger und ressourcensparender sind, wollen wir in Europa eine eigene, nachhaltige Batteriezellenproduktion schaffen, zu der ein wirksames Recyclingsystem gehört sowie die Forschung und Entwicklung der nächsten Batteriegeneration. Dazu setzen wir auf klare Vorgaben bei den Ökostandards und ein umfassendes Forschungs- und Förderprogramm. Wir wollen die besonders betroffenen Autoregionen mit regionalen Transformationsdialogen und -fonds unterstützen. Damit erhalten wir die Wertschöpfungskette im Mittelstand und sichern Arbeitsplätze vor Ort. Die Beschäftigten der Automobilindustrie und ihrer Zulieferer wollen wir mit Qualifizierungsangeboten und Weiterbildung unterstützen.


Europäische Halbleiterindustrie stärken

Eine erfolgreiche und weitsichtige Industriepolitik wird nur dann funktionieren, wenn auch gesamteuropäisch gedacht wird. Gerade mit Blick auf eine nötige sektorale Strukturförderung, wie den Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur, der Solarmodul- und Batteriezellfertigung oder die Förderung der Halbleiterindustrie, ist eine europäische Ausrichtung entscheidend. Um kritische Abhängigkeiten zu verringern, setzen wir auf europäische Kooperation mit offenen Standards. Die EU-Kapazität im Bereich der Halbleitertechnologie soll wie von der EU-Kommission vorgeschlagen auf 20 Prozent der weltweiten Produktion ausgebaut werden. Das gilt vor allem für die Bereiche, in denen wir bei der Halbleitertechnologie für industrielle Anwendungen bereits eine starke europäische Stellung haben oder in denen eine besonders dynamische zukünftige Entwicklung zu erwarten ist, wie zum Beispiel bei den erneuerbaren Energien. Hierzu müssen Investitionen entlang der Halbleiter-Wertschöpfungskette erhöht werden.


Erneuerbare Energien made in Europe: Schlüsselbranche für den Klimaschutz

Um klimaneutral zu werden, brauchen wir vor allem eins: richtig viel erneuerbare Energien. Um die Anlagen dafür bauen zu können, wollen wir nicht komplett von außereuropäischen Lieferanten abhängig sein und so in die nächste Importabhängigkeit geraten. Die gute Nachricht ist: Noch gibt es Hersteller von wichtigen Komponenten wie Windrädern und Wechselrichtern in Europa und auch für die enorm wichtige PV-Modul-Produktion gibt es wieder erste Investitionen in Produktionskapazitäten. Zahlreiche Innovationen in der Photovoltaik deuten darauf hin, dass das Potenzial dieser Technologie bei weitem nicht ausgeschöpft ist. Die deutsche Solarindustrie soll zur Impulsgeberin werden. Diese Entwicklung wollen wir mit gezielten Investitionshilfen unterstützen. Kreislaufwirtschaft zum Standard machen, Reparatur- und Recyclingindustrie voranbringenMüll ist ein Designfehler und eine Verschwendung wichtiger Ressourcen und Rohstoffe – die endlich sind und uns abhängig machen. Auf dem Weg zur Kreislaufwirtschaft brauchen wir eine neue Rohstoffpolitik, die den Einsatz von Primärrohstoffen reduziert, fossile durch nachwachsende Rohstoffe ersetzt und die globale Rohstoffgewinnung an hohe Transparenz-, Sozial- und Umweltstandards bindet. Bei der Gewinnung heimischer Rohstoffe wollen wir den Dialog zwischen den beteiligten Akteuren forcieren. Ob Verpackung, Gebäude, Auto oder Laptop – wir schaffen die gesetzlichen Rahmenbedingungen und ökonomischen Anreize dafür, dass alle Produkte lange verwendet, wiederverwendet, gemeinsam genutzt, repariert und hochwertig recycelt werden können. Im Ergebnis heißt das bis spätestens 2050: kein Müll mehr, Schluss mit geplantem Verschleiß, dafür mehr grüne Jobs vor Ort in einer neuen europäischen Reparatur- und Recyclingindustrie, die die Abhängigkeit von endlichen Ressourcen und Rohstoffimporten verringert. Den Weg dorthin weisen wir mit verbindlichen Herstellerverpflichtungen, ambitionierten Recyclingquoten, Steuer- und Abgaberegelungen, Normen und Standards und gezielten Förderprogrammen. Bis 2030 werden wir alle Güter und Materialien, die auf den Markt kommen, mit einem digitalen Produktpass ausstatten, der Unternehmen und Verbraucher*innen alle für sie wichtigen Informationen über Design, CO2- Fußabdruck, Reparierbarkeit und Materialien bereitstellt, die für eine klimaneutrale Kreislaufwirtschaft nötig sind. Effizienter Materialeinsatz und Kreislaufwirtschaft reduzieren den Energiebedarf und tragen wesentlich zum Gelingen der Energiewende bei.


Forschungsergebnisse in die Praxis bringen, Gründungskultur beleben

An unseren Hochschulen und Forschungseinrichtungen wird nach höchsten Standards geforscht. Vielversprechende Forschungsergebnisse – gerade auch aus der Grundlagenforschung – müssen aber noch öfter in die Praxis gelangen. Die Impfstofferfolge machen dabei Mut: Eine völlig neue Technologie ermöglichte in Rekordzeit die Entwicklung und Produktion gleich mehrerer Corona-Impfstoffe. Strukturelle Hemmnisse verhindern aber immer noch Ausgründungen. Die bestehenden Förderprogramme zum Transfer in die Anwendung reichen nicht aus. Wir wollen den Ausbau von Förderprogrammen für Hightech-Start-ups, Gründungszentren und Entrepreneurship-Ausbildungen vorantreiben. Die stille Beteiligung der öffentlichen Institutionen soll zum neuen Ausgründungsstandard werden. Zudem wollen wir die Entwicklung von Impfstoffen, Medikamenten und Medizinprodukten stärker fördern. Wenn sie mit einem erheblichen Anteil öffentlicher Gelder erforscht und entwickelt werden, sind an die Förderung klare Bedingungen bezüglich der Transparenz der Forschungskosten, fairer Preisgestaltung und weltweit gerechten Zugangsmöglichkeiten zu knüpfen. Zusätzlich setzen wir uns für eine mittelfristige Vereinheitlichung des Gründungs- und des Gesellschaftsrechts innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums ein.


Führungsgremien vielfältiger machen

Deutschland ist vielfältig, seine Führungsetagen sind es (noch) nicht. Dabei führen diverse Teams Unternehmen erfolgreicher. Die Vielfalt der deutschen Gesellschaft muss sich deshalb auch dringend in den Führungs- und Entscheidungsgremien und der Wirtschaft abbilden. Obwohl Frauen mindestens gleich gut qualifiziert sind wie Männer, fehlen sie dort. Unser Ziel ist und bleibt: die Hälfte der Macht den Frauen. Freiwillige Regelungen haben nichts gebracht. Deshalb brauchen wir Quoten, die wirklich die kritische Masse herstellen, um zu unserem Ziel von 50 Prozent Frauenanteil zu gelangen. So soll zukünftig verpflichtend mindestens ein Drittel der Vorstandssitze größerer und börsennotierter Unternehmen bei Neubesetzung an Frauen gehen. Um das zu erleichtern, wollen wir auch Hindernisse wie fehlende Elternzeitregelungen im Aktienrecht beseitigen. Die Aufsichtsräte dieser Unternehmen sollen bei Neubesetzungen verpflichtend einen Frauenanteil von mindestens 40 Prozent anstreben. Unternehmen, die in der Hand des Bundes sind oder an denen der Bund beteiligt ist, Ministerien und Behörden sollen mit klaren Plänen für paritätische Betriebsstrukturen als gutes Beispiel vorangehen. Karriereförderung beginnt nicht erst an der Spitze. Wir setzen uns deshalb dafür ein, in Unternehmen und Organisationen Hürden für den Aufstieg von Frauen abzubauen. In Ministerien, Verwaltungen, Anstalten des öffentlichen Rechts, kommunalen Verbänden und kommunalen Unternehmen werden perspektivisch ebenfalls 50 Prozent Frauen in Führungspositionen angestrebt. Die Wirtschaftsförderung wollen wir geschlechtergerechter ausgestalten und Frauen dort, wo sie unterrepräsentiert sind, mit gezielten Maßnahmen fördern, zum Beispiel durch einen staatlichen Wagniskapitalfonds nur für Gründerinnen.


Fachkräftemangel bekämpfen

Durch den demografischen Wandel wird in den kommenden 15 Jahren die Zahl der Menschen im erwerbsfähigen Alter um sechs Millionen schrumpfen. Gleichzeitig erfordern die Berufe der Zukunft ganz neue Fähigkeiten. Der Arbeits- und Fachkräftemangel wird sich verstärken. Dem wollen wir entgegenwirken. Dafür investieren wir mehr in berufliche und berufsbegleitende Bildung. Die duale Berufsausbildung soll durch eine Weiterentwicklung und Modernisierung insbesondere der Lehrinhalte und der Ausstattung aufgewertet werden. Die Finanzierung bedarf der Anpassung. Der Meisterbrief soll wie ein Studium kostenfrei werden. Wir lassen keine Potenziale mehr ungenutzt: Hürden, die Frauen, Älteren, Menschen mit Behinderungen, Jugendlichen aus einkommensarmen Elternhäusern oder Menschen mit Migrationsgeschichte oft noch im Weg stehen, bauen wir ab und werden Geschlechterstereotypen entgegenwirken. Einwanderung in unser Land erleichtern wir mit der Einführung einer Talentkarte und einer schnelleren Anerkennung ausländischer Bildungs- und Berufsabschlüsse, auch wechselseitig in der EU. Allgemein wollen wir die Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse beschleunigen sowie das Anerkennungsverfahren kostengünstiger gestalten. Um faire Verfahren bei der Anerkennung akademisch anerkannter Hochschulabschlüsse, die bisher ohne staatliche Anerkennung sind, für alle zu gewährleisten, wollen wir mögliche Anpassungsbedarfe überprüfen und die Anerkennungspraxis verbessern. Geflüchtete sollen die Möglichkeit zum Spurwechsel bekommen, der ihnen während Ausbildung, Studium und Arbeit mehr Rechtssicherheit und damit eine berufliche Perspektive in Deutschland ermöglicht. Wir unterstützen Betriebe, die Geflüchteten und Einwander*innen eine Chance auf Ausbildung und Beschäftigung geben, bei Bedarf durch konkrete Ansprechpersonen, Qualifizierung, Beratung und Begleitung.


Mittelstandspolitik ist Innovationspolitik

Der deutsche Mittelstand ist vielfältig, innovativ und international wettbewerbsfähig. Hier entstehen die Lösungen für die Herausforderungen der Zukunft, er sichert Wertschöpfung in den Regionen und für sie. Unsere Mittelstandspolitik setzt auf den Dreiklang aus einer Verringerung bürokratischer Lasten, einer innovationsfreundlichen Steuerpolitik sowie einer breitenwirksamen Forschungslandschaft. Mit schnelleren Planungen und Genehmigungen und einer effizienten, digitalen Verwaltung unterstützen wir den Mittelstand bei Innovation und Transformation. Berichtspflichten sollen vereinfacht werden. Dafür sollten Vorhaben ausgetestet und mit Anwender*innen aus Verwaltung und Unternehmen aller Größen gemeinsam verbessert werden. Dafür ist die konsequente Anwendung und Verbesserung sogenannter KMU-Tests auf nationaler und europäischer Ebene ebenso erforderlich wie der Ausbau innovationsorientierter öffentlicher Beschaffung. Zur Entlastung und Förderung der Solo-Selbständigen und Kleinstunternehmen wird die Gewinngrenze für die Buchführungspflicht angehoben. Wir setzen uns für gute Bedingungen für kleine Betriebe und Selbständige ein, damit sie im Wettbewerb faire Chancen erhalten. Förderprogramme und Investitionszuschüsse wollen wir nachhaltig ausgestalten und dafür sorgen, dass sie vor allem KMUs zugutekommen. Dafür sollen sie deutlich einfacher zu beantragen und zu dokumentieren sein. Außerdem sollen passgenaue Beratungen für Klimaschutz und Digitalisierung gefördert werden, auch über längere Zeiträume. Die Förderung regionaler Innovationsökosysteme aus Hochschulen, Mittelstand und Zivilgesellschaft wollen wir durch die Gründung einer eigenständigen Innovationsagentur (D.Innova) konsequent stärken. Ausgerichtet an den globalen Nachhaltigkeitszielen soll die D.Innova solche Innovationsnetzwerke systematisch, proaktiv und flexibel fördern – von Aachen bis Anklam, von Flensburg bis Füssen. Wir wollen die regionale Wirtschaft mit den vor Ort agierenden Unternehmen, Wertschöpfungsketten und Produkten stärken und setzen auf klar definierte regionale Kennzeichnungen und Förderkonzepte.


Bezahlbare Mieten für kleine und mittlere Unternehmen

Mit der Immobilienspekulation sind in den Städten vielfach auch die Gewerbemieten wirtschaftlich unverträglich angestiegen und ein Ende dieser Entwicklung ist nicht in Sicht. Viele kleine Händler*innen und Gewerbetreibende werden verdrängt. Wir wollen, dass kleine und mittlere Unternehmen, genau wie soziale Einrichtungen, dauerhaft einen verbesserten Kündigungsschutz bekommen und mehr Rechte, befristete Mietverträge zu angemessenen Bedingungen zu verlängern. Darüber hinaus streben wir die Einführung einer Gewerbemietpreisbremse an, die in Städten mit angespanntem Gewerberaummarkt die Begrenzung von Gewerbemieten erlaubt.


Wettbewerbsrecht für das 21. Jahrhundert

Ein starkes Wettbewerbsrecht ist die Voraussetzung für faire Wirtschaftsbeziehungen, verhindert Monopole und schützt die Verbraucher*innen. Im Wettbewerb dürfen auch der Umweltschutz und soziale Standards nicht zum Kollateralschaden werden. Deshalb wollen wir die nationalen Regeln zu unlauterem Wettbewerb so anpassen, dass ein Verstoß gegen Umwelt- und Sozialstandards als unlauterer Wettbewerb verfolgt werden kann. Zudem wollen wir erreichen, dass Umweltschutzaspekte grundsätzlich im Rahmen von deutschen und europäischen Fusionskontrollverfahren berücksichtigt werden. Den Verbraucherschutz wollen wir zu einem Zweck des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen machen und seine behördliche Durchsetzung effektiv stärken. Das umstrittene Ministererlaubnisverfahren im Rahmen von Fusionskontrollen wollen wir so anpassen, dass Verfahrensgegner*innen wieder ihre vollständigen Klagemöglichkeiten erhalten. Datenschutzbehörden sollen bei der Zusammenschlusskontrolle des Bundeskartellamts konsultiert und ihre Stellungnahmen bei der Entscheidung über eine Fusion berücksichtigt werden.


Zukunftsfähigkeit eines starken Handwerks sichern

Das Handwerk ist in unserem Alltag überall präsent und unverzichtbar. Es zeichnet sich durch eine große Heterogenität aus: vom Heizungsinstallateurbetrieb bis zur Bäckerei, vom mittelständischen Unternehmen mit hunderten Beschäftigten bis zum Kleinstbetrieb. Es ist einer der wichtigsten Wirtschaftsfaktoren in Deutschland. Das Handwerk bietet in einer nachhaltigen Wirtschaft krisensichere Arbeitsplätze und trägt entscheidend zur ökologischen Wende bei. Es bietet auch im ländlichen Raum jungen Menschen eine Perspektive. Gerade für sie liegen in der ökologischen Transformation riesige Chancen – von der Gebäudesanierung bis zum Heizungstausch. Durch Bürokratieabbau, die Unterstützung bei Nachfolgen und die gezielte Förderung der Ausbildung im Handwerk wollen wir die Rahmenbedingungen verbessern. Oberstes Ziel ist der Erhalt und die Zukunftsfähigkeit der Betriebe. In verschiedenen Bereichen wie dem Gebäudebereich bedarf es auch der deutlichen Aufstockung der Anzahl der Aus- und Weitergebildeten. Damit Handwerksberufe noch attraktiver werden, setzen wir auf eine stärkere Tarifbindung, branchenspezifische Mindestvergütungen und mehr Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Ausbildung. Die Durchlässigkeit vom Studium zum Handwerk und zurück sollte selbstverständlich werden, genauso wie internationaler Austausch und Zugang zu Stipendien.


Kultur schafft Wohlstand

Die Kultur- und Kreativwirtschaft ist eine der am meisten unterschätzten Branchen in Deutschland. Vor Corona erzielten die über 1,2 Millionen Kreativen und Kulturschaffenden allein im Jahr 2019 einen Umsatz von knapp 180 Milliarden Euro – mehr als beispielsweise die chemische Industrie oder Finanzdienstleister. Doch die Kultur- und Kreativwirtschaft ist durch die Corona-Krise existenziell bedroht, besonders auch kleinere Betriebe wie unabhängige Verlage, Privattheater, Programmkinos, kleine Clubs und Veranstaltungsorte. Nur mit gezieltem Schutz und verbesserter Förderung werden wir große Teile unseres kulturellen Lebens vor dem Wegbrechen retten können. Wir erweitern den Innovationsbegriff in den Programmen zur Existenzgründungsförderung, sodass davon auch die Kultur- und Kreativwirtschaft profitiert. Förderprogramme schneiden wir spezifisch auf die Bedürfnisse der Kultur- und Kreativwirtschaft zu und wir bauen die Gründungsförderung aus der Arbeitslosigkeit bedarfsgerecht aus.


Der Tourismuswirtschaft nachhaltig auf die Beine helfen

Die Reise- und Tourismuswirtschaft – ein zentraler Wirtschaftsfaktor und millionenfache Arbeitgeberin – ist durch die Corona-Krise schwer getroffen. Wir wollen ihr wieder auf die Beine helfen und zugleich den Nach-Corona-Tourismus klimaschonender, ökologischer und sozial nachhaltiger gestalten. Ein ökologisch und sozial blinder Massentourismus mit klimaschädlichen Kreuzfahrtschiffen, endloser Müllproduktion und riesigem Ressourcenverbrauch hat keine Zukunft. Im Gegenteil, die Kreuzschifffahrt muss endlich ihren Beitrag leisten über neue Antriebe, die Verwendung von Landstrom und bessere Umweltstandards. In einem nachhaltigen Tourismus liegen hingegen riesige Chancen. Nachhaltigen oder sanften Tourismus wollen wir gerade in ländlichen Regionen gezielt entwickeln, zum Beispiel durch
den Ausbau touristischer Rad- und Wasserwege. Mit einem Shelter-System wie in Dänemark wollen wir Natur für alle erlebbar machen. Zugleich sollen Nationalparks, Biosphärenreservate und Naturschutzgebiete durch einen regulierten Tourismus nachhaltig geschützt werden. Die Bahn soll zum Tourismus-Reisemittel Nummer 1 werden – durch ein europäisches Nachtzugnetz und die gezielte Anbindung touristischer Regionen an das Bahnnetz. So kann der Tourismus dabei mithelfen, eine Welt zu erhalten, die es sich auch in Zukunft noch zu bereis

Wir geben dem Markt einen sozial-ökologischen Rahmen
Wohlstand und unternehmerischen Erfolg neu bemessen

Wohlstand definiert sich nicht allein durch Wachstum des BIP, sondern lässt sich viel breiter als Lebensqualität verstehen. Wir wollen den Erfolg Deutschlands und der Unternehmen neben ökonomischen auch anhand inklusiver, sozialer, ökologischer und gesellschaftlicher Kriterien messen und die politischen Leitplanken wie Anreize und Wirtschaftsförderung entsprechend neu ausrichten. Dafür soll in Zukunft gemeinsam mit dem Jahreswirtschaftsbericht ein Jahreswohlstandsbericht veröffentlicht werden. Dieser berücksichtigt dann zum Beispiel auch den Beitrag des Naturschutzes, einer gerechten Einkommensverteilung oder auch guter Bildung zum Wohlstand unserer Gesellschaft. Entsprechend ändern wir die Erfolgsmessung auf Unternehmensebene und ergänzen die Bilanzierungsregeln um so-
ziale und ökologische Werte, wie beispielsweise ihre Treibhausemissionen, und setzen uns auch bei internationalen Vorschriften dafür ein. So erreichen wir endlich einheitliche Regelungen für die Messung von nachhaltigem unter-
nehmerischem Erfolg und leisten einen wichtigen Beitrag dazu, dass im Wettbewerb Nachhaltigkeit nicht mehr wie heute eher bestraft, sondern positiv angereizt wird.


Den europäischen Green Deal ambitioniert gestalten

Mit dem Europäischen Green Deal hat die EU-Kommission ein Programm vorgelegt, um die Europäische Union zum ersten klimaneutralen Kontinent zu machen. Es umfasst Gesetzesvorschläge in den Bereichen Klima- und Umweltschutz sowie für eine gestärkte Wettbewerbsfähigkeit, Energiesicherheit und Innovationsdynamik einer dekarbonisierten europäischen Wirtschaft. Wir setzen uns für eine ambitionierte Ausgestaltung und eine ehrgeizige Umsetzung auf allen Ebenen ein. Wir machen weiter Druck, damit die ökologische Wende dazu beiträgt, Ungleichheit zu verringern. Dafür wollen wir den Just Transition Fund aufstocken und ausbauen. In der Landwirtschaftspolitik kämpfen wir dafür, dass die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik und ihre Umsetzung unter die Ziele des Green Deal und des Pariser Klimaabkommens gestellt werden, da sie immense Auswirkungen auf Umwelt- und Artenschutz entfalten. In der Handelspolitik wollen wir Umwelt- und Sozialkapitel von zukünftigen Handelsverträgen rechtsverbindlich und sanktionierbar machen.

 

Die Macht des EU-Binnenmarkts für die Transformation nutzen

Der EU-Binnenmarkt ist eine Erfolgsgeschichte, die gerade im globalen Wettbewerb auf seinen hohen Standards beruht: im Verbraucher- und Datenschutz, im Umwelt- und Gesundheitsschutz sowie für die soziale und Produktsicherheit. Diese hohen Standards wollen wir im Sinne einer sozial-ökologischen Transformation des Binnenmarkts erhalten und ausbauen, denn sie stärken die Innovationskraft der Unternehmen, ermöglichen die Ausnutzung von Skaleneffekten und begünstigen den internationalen Handel. Um die Digitalisierung zu gestalten, müssen wir Dienstleistungen von Plattformen und ihre Marktmacht regulieren. Plattformen müssen verpflichtet werden, europäische Qualitäts- und Sicherheitsstandards auch im Online-Handel zu gewährleisten. Die globale Lenkungswirkung des Binnenmarkts wollen wir steigern, indem wir sicherstellen, dass Unternehmen auf dem europäischen Markt auch international Verantwortung für ihre Produktions- und Vertriebsweise entlang der gesamten Wertschöpfungskette übernehmen. Die Handlungsspielräume von Kommunen in der Europäischen Union wollen wir ausbauen und die Daseinsvorsorge vor Liberalisierungsdruck schützen.


Sozialunternehmen und Genossenschaften stärken

Wir wollen die Bereiche der Wirtschaft stärken, in denen langfristige Nachhaltigkeit mehr zählt als kurzfristige Rendite, und die oft auch einen Beitrag zur Demokratisierung der Wirtschaft leisten. Wir unterstützen daher einerseits Genossenschaften, da sie krisenfester und gemeinwohlorientierter als andere Rechtsformen sind. Andererseits fördern wir Sozialunternehmen, weil sie gesellschaftliche Anliegen mit unternehmerischem Handeln direkt mit sozial-ökologischen Zielen verbinden. Und wir begrüßen das Konzept der Gemeinwohlökonomie, weil es die Idee des Gemeinwohls in die privatwirtschaftliche Breite trägt. Wir schaffen zielgruppenspezifische Finanzierungsinstrumente und wollen die Programme der klassischen Gründungs- und Innovationsfinanzierung ausweiten. Unser Ziel ist eine Gründungswelle neuer Genossenschaften und von sozial-ökologisch inspirierter und am Gemeinwohl orientierter Unternehmen. Dazu werden wir die Rahmenbedingungen für ihr Wirtschaften systematisch verbessern und bestehende Benachteiligungen beseitigen. Den Gründungszuschuss der Arbeitsagenturen wollen wir nicht allein vom wirtschaftlichen Gewinn, sondern auch von sozial-ökologischen Wirkungskriterien abhängig machen. Nicht genutzte Guthaben auf verwaisten Konten wollen wir – sofern keine Erbansprüche vorhanden sind – für einen Fonds nutzen, der zielgerichtet in nachhaltige und soziale Innovationen investiert.


Neue Formen für nachhaltiges Unternehmertum

Wir setzen uns für die Einführung einer Unternehmensform für Verantwortungseigentum ein. Immer mehr Unternehmer*innen verstehen ihr Unternehmen nicht als individuell konsumierbares Vermögen. Sie wollen, dass ihr Unternehmen nicht dem kurzfristigen Shareholder-Value dient, sondern langfristig ausgerichtet und dem Gemeinwohl verpflichtet ist. Dafür brauchen sie eine Rechtsform, die eine hundertprozentige Vermögensbindung an das Unternehmen ermöglicht. Gewinne werden reinvestiert oder gespendet. Die Stimmrechte können von den Beschäftigten im Kollektiv oder von Einzelnen treuhänderisch gehalten werden – sie werden nicht an den/die Meistbietende*n verkauft, sondern ähnlich wie in anwaltlichen Partnerschaften, immer an aktiv mit dem Unternehmen verbundene
Personen weitergegeben.

Wir bringen die Digitalisierung voran
Eine europäische Cloud-Infrastruktur

Daten sind eine Schlüsselressource der digitalen Welt, insbesondere für Anwendungen der Künstlichen Intelligenz. Gerade im industriellen Bereich wollen wir neue Ansätze schaffen, um eine gemeinsame, freiwillige Nutzung sowohl von nicht personenbezogenen als auch von personenbezogenen, aber anonymisierten Daten, zum Beispiel aus Entwicklungs- und Fertigungsprozessen, zu verbessern und rechtssicher zu gestalten. Davon profitiert vor allem der Mittelstand. Hierfür braucht es klare gesetzliche Spielregeln für kooperative und dezentrale Datenpools und Datentreuhandmodelle wie zum Beispiel Datengenossenschaften, die eine gemeinsame und durch Kartellbehörden überprüfbare Nutzung dieser Daten ermöglichen. Wir wollen eigene europäische Standards und Regeln setzen. Die eigene kritische Infrastruktur wollen wir schützen und eine gemeinsame europäische Cloud-Infrastruktur auf Basis von Open-Source-Technologien realisieren. Europa muss in eigene Expertise im Bereich der Verarbeitung großer Datenmengen für Künstliche Intelligenz investieren.


Hightech-Standort ausbauen

Die rasante Entwicklung des Corona-Impfstoffs von Wissenschaftler*innen und Unternehmer*innen aus Mainz hat gezeigt, welche Innovationskraft in unserer Forschungs- und Unternehmenslandschaft steckt. Eine Innovationskraft, die der Staat mit Tempo und entschlossenen Investitionen unterstützen muss. Vor allem die Bereiche Künstliche Intelligenz (KI), Quantencomputing-, IT-Sicherheits-, Kommunikations- und Biotechnologie oder auch die weitere Entwicklung von ökologischen Batteriezellen wollen wir besonders fördern, damit wir unsere technologische Souveränität sichern können und in der weltweiten Konkurrenz vorne mitspielen. Dabei legen wir einen besonderen Fokus darauf, die ökologischen und sozialen Potenziale der Technologien zu heben. So verbessern Innovationen die Lebensbedingungen der Menschheit und sichern den Wohlstand von morgen. Dafür benötigen wir auch privates Risikokapital, das wir durch staatliche Fonds stark hebeln wollen. Um im internationalen Standort-Wettbewerb mithalten zu können, bedarf es einer starken europäischen Vernetzung von Spitzenforschung. Wir investieren in Spitzenforschung und die Bildung von Clustern in diesen Bereichen. Wir wollen bereits heute den Grundstein legen für die europäische Souveränität in weiteren Trends der KI, etwa mit der Unterstützung eines europäischen Ökosystems für das Erproben von allgemeiner Künstlicher Intelligenz („Artificial General Intelligence“). Den Hightech-Standort auszubauen, heißt aber auch, die dringend benötigten Talente anzuziehen. In der Forschung bedeutet das angemessene Finanzierung.


Start-up-Wagniskapital eine Richtung geben

Wir müssen nicht nur technologisch exzellent sein, sondern bahnbrechende Technologien auch in neue Geschäftsmodelle, Märkte, Dienstleistungen und Produkte umwandeln können. Fördermöglichkeiten und Netzwerke für Start-ups und junge Unternehmen auf nationaler und europäischer Ebene können den Unterschied zwischen einer guten Idee auf dem Flipchart und einem weltweit erfolgreichen Unternehmen ausmachen. Ein staatlicher Wagniskapitalfonds kann helfen, unseren Gründer*innen dauerhaft eine Heimat zu geben. Wir fordern, noch mehr und noch schneller zu investieren. Dieser Zukunftsfonds soll verstreute Förderangebote bündeln und ein Vielfaches an privaten Geldern hebeln. Gleichzeitig sollte auch ein funktionierender Sekundärmarkt für Direktinvestitionen und Anteile
an Wagniskapitalfonds aufgebaut werden, etwa durch eine Co-Investing-Plattform. Die Mission des Zukunftsfonds ist Nachhaltigkeit. Er finanziert insbesondere Projekte in Bereichen wie Greentech, Künstlicher Intelligenz, nachhaltiger Mobilität, Bioökonomie und Zirkulärwirtschaft, die wegen ihres Risikoprofils keine einfache Finanzierung am Markt bekommen. Wir wollen Finanzierungsformen gezielt für Gründungen von Start-ups der Green Economy anpassen und Barrieren beim Zugang zu Aufträgen der öffentlichen Beschaffung abbauen. Regionale Greentech-Hubs wollen wir fördern, um die Zusammenarbeit zwischen Start-ups und etablierten Unternehmen zu erleichtern.


Internetgiganten regulieren

Wir setzen uns für einen funktionierenden und fairen Wettbewerb auf digitalen Märkten ein. Durch übermäßige Marktmacht einzelner Internet- und Techgiganten wird dieser eingeschränkt oder gar aufgehoben. Relevante Erwerbsvorgänge von Tech-Konzernen sollten durch das Bundeskartellamt geprüft werden, um den strategischen Aufkauf von aufkeimender Konkurrenz („Killer Acquisitions“) zu verhindern. Dabei sollten Datenschutzbehörden eine Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten. Die Interoperabilität ihrer Software und ihrer digitalen Dienste sowie Datenportabilität und offene Schnittstellen sind wo immer möglich von bereits marktbeherrschenden Unternehmen verpflichtend zu gewährleisten. Wir setzen uns für eine dementsprechend ambitionierte Umsetzung des Digital Markets Act auf europäischer Ebene ein. Unter dem Dach eines eigenständigen europäischen Kartellamts wollen wir deshalb eine europäische Digitalaufsicht etablieren, die als Frühwarnsystem fungiert und sanktionsbewährte Kooperations- sowie Transparenzpflichten aussprechen kann. Unternehmen sollen auch unabhängig von einem Missbrauch aufgespalten werden können, wenn ihre Marktmacht zu groß wird oder bereits zu groß ist.


Geschlechtervielfalt in der Digitalwirtschaft

Alle sollen an der Gestaltung der digitalen Transformation beteiligt sein und ihre Potenziale einbringen können. Deshalb werden wir eine Strategie „Frauen in der Digitalisierung“ vorlegen und umsetzen. Mädchen sollen schon in der Grundschule für Digitalthemen begeistert werden und ohne Technikgenderstereotype aufwachsen. Wir brauchen eine geschlechtersensible Lehre, die gezielte Ansprache von Frauen für MINT-Studiengänge und Ausbildungsberufe sowie mehr Frauen in den Gremien, wo diese Richtungsentscheidungen getroffen werden. Darüber hinaus fördern wir familiengerechte Ausbildungswege für Frauen mit anderem beruflichem Hintergrund als Zugang zur Digitalbranche. In der Digitalbranche ist ein Kulturwandel erforderlich, auch um unser volles Innovationspotenzial auszuschöpfen. Freiwillige und verpflichtende Maßnahmen für die Unternehmen sind notwendig, um diskriminierungsfreie Arbeitsplätze und einen gleichberechtigten Zugang zu Gestaltungspositionen in der digitalen Transformation zu ermöglichen. Bei der Vergabe von Fördermitteln und öffentlichen Investitionen muss der Frauenanteil einer Organisation bzw. eines Start-ups berücksichtigt werden. Für staatliche Institutionen soll Diversität ein Leitprinzip für alleDigitalstrategien sein.


Transparente Algorithmen

Datenverarbeitende und algorithmische Entscheidungssysteme haben das Potenzial, neues Wissen zu generieren und so nachhaltigeres Handeln zu ermöglichen. Datengetriebene Systeme sind nicht neutral, da sie ein Produkt ihrer zugrunde liegenden Daten sind und somit diskriminierend und vorurteilsbehaftet sein können. Wir wollen daher Qualitätskriterien sowie die europäischen Anstrengungen für Transparenz und Überprüfbarkeit vorantreiben, damit algorithmische Entscheidungssysteme nicht diskriminierend wirken. Wir setzen uns ein für einen nach Risiken abgestuften europäischen Ordnungsrahmen für den Einsatz automatischer Systeme, klare Regeln zur Nachvollziehbarkeit, zum Datenschutz, zum Arbeitsrecht und zur Datenqualität, um Kontrolle und Haftung, aber auch Rechtssicherheit für
betroffene Betriebe zu ermöglichen. Hier wollen wir verstärkt gleiche Standards auf europäischer Ebene definieren und umsetzen. Für eine öffentliche Kontrolle dieser Regeln müssen Behörden gut geschult und technisch dementsprechend aufgestellt sein. Das bedeutet auch eine Modernisierung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes sowie strenge Kriterien für den Einsatz von algorithmischen und automatischen Entscheidungen, insbesondere in der öffentlichen Verwaltung. Auch Plattformanbieter müssen ihre automatisierten Entscheidungen, Vergleiche oder Preise transparent machen und erklären können.


IT-Sicherheit als Standortfaktor

Gute IT-Sicherheit und klare rechtsstaatliche Standards sichern Grundrechte und sind die Voraussetzung, damit der digitale Wandel gelingt. Der Staat bleibt in der Pflicht, diese zu gewähren. Gerade die kritische Infrastruktur wie beispielsweise unsere Stromnetze muss besonders geschützt werden. Gute IT-Sicherheit ist längst auch ein wichtiger Standortfaktor. Wer digital souverän sein will, muss entsprechend handeln und darf die Sicherheit aller nicht unterlaufen. Ein effektiver und moderner Datenschutz schützt die Menschenwürde und nimmt verstärkt auch die Gesellschaft in Gänze in den Blick, um die Abwehr auch überindividueller Risiken kollektiv zu gestalten. Wir setzen Anreize für guten Datenschutz und beste IT-Sicherheit, wollen innovative, technische Ansätze zum effektiven Schutz
der Privatsphäre ausbauen und Auditierungen und europäisch einheitliche Zertifizierungen vorantreiben. Vor allem KMUs sollen sehr viel stärker durch ein dezentrales und unabhängiges IT-Beratungsnetzwerk unterstützt werden. Der Staat selbst muss mit gutem Beispiel vorangehen, die wichtige Arbeit der Aufsichtsbehörden stärker unterstützen sowie ihre Kooperation im föderalen und europäischen Zusammenspiel verbessern, bis hin zur gemeinsamen Aufgabenwahrnehmung und Durchsetzung. Die Unabhängigkeit des BSI stärken wir. Bei staatlichen IT-Projekten muss IT-Sicherheit von Anfang an mitgedacht und implementiert werden. Zudem wollen wir die Entwicklung sicherer Hardware gezielt fördern. Im Sinne der Nachhaltigkeit digitaler Produkte führen wir eine Verpflichtung zu einer
angemessenen, risikoorientierten und benutzerfreundlichen Bereitstellung von Sicherheitsupdates ein. Beim Ausbau digitaler Infrastrukturen, wie zum Beispiel 5G, wollen wir die Integrität unserer kritischen Infrastruktur, die digitale Souveränität Europas und die Einhaltung der Menschenrechte wie das Recht auf Privatsphäre sicherstellen. Dafür sind einerseits höchste IT- Sicherheitsstandards für Komponenten in digitalen Infrastrukturen nötig. Andererseits wollen wir die technologische Unabhängigkeit Europas durch verstärkte Eigenentwicklungen und produktionen, durch vielfältige digitale Ökosysteme und offene Standards stärken. Um Gefahrenlagen konkret bewerten zu können, müssen neben technischen auch rechtliche, rechtsstaatliche, sicherheitsrelevante und geostrategische Aspekte in die Prüfung einbezogen werden. Eine Beteiligung von nicht vertrauenswürdigen Unternehmen, insbesondere aus autoritären Staaten, an kritischer Infrastruktur lehnen wir ab.

Wir kämpfen für einen fairen und nachhaltigen Handel
Neustart für gute Handelsverträge

Handel ist eine wichtige Grundlage unseres Wohlstandes: Fairer Handel trägt zur Vertiefung internationaler Partnerschaften und damit auch zu einer sicheren Welt bei. Gerade in Zeiten, die zunehmend unter den Vorzeichen eines Systemwettbewerbs zwischen demokratischen und autoritären Staaten stehen, setzen wir auf eine proaktive Handelspolitik. Wir wollen einen multilateralen Welthandel und Handelsabkommen, die dem Wohlstand aller Menschen dienen, die Umwelt- und Klimaschutz sowie die Einhaltung der Menschenrechte einfordern und die Beziehungen mit unseren Partner*innen im Einsatz für Demokratie und Freiheit stärken. Eine Zersplitterung von Handelsbeziehungen erschwert ein internationales Miteinander. Eine nachhaltig und fair reformierte Welthandelsorganisation (WTO) muss zu einer echten globalen Partnerschaft beitragen. In einem ersten Schritt wollen wir die WTO-Berufungsinstanz zur Streitbeilegung wiederbeleben, um die Multiplizierung von Handelskonflikten nach dem Recht des Stärkeren einzudämmen. Die Chance, mit der neuen US-Administration die Handelskonflikte beizulegen und einen transatlantischen Markt für klimaneutrale Produkte zu schaffen, wollen wir ergreifen. Abkommen mit negativen Auswirkungen auf die Umwelt oder die Ernährungssouveränität wie das EU-Mercosur-Abkommen mit lateinamerikanischen Staaten lehnen wir ab. Die Europäische Union kann aufgrund des großen gemeinsamen Binnenmarktes selbstbewusst in Handelsverhandlungen gehen. Europäische Handelsverträge müssen verbindliche und durchsetzbare Menschenrechts-, Umwelt- und Sozialstandards enthalten und Marktöffnungen im Dienstleistungsbereich grundsätzlich nur in Positivlisten regeln. Dazu zählt, das Pariser Klimaschutzabkommen sowie ILO-Kernarbeitsnormen zur Bedingung und einklagbar zu machen. Das europäische Vorsorgeprinzip ist stets zu wahren. Gute Handelspolitik muss die kommunale Daseinsvorsorge und die Möglichkeit der Rekommunalisierung ausreichend schützen. Handelsabkommen sollten nicht nur Rechte für Unternehmen, sondern auch ihre Pflichten regeln. Deshalb setzen wir uns für einen multilateralen Handelsgerichtshof bei den Vereinten Nationen ein, der beides abdeckt. Internationale Konzerne dürfen durch Handels- und Investitionsklagen nicht noch mächtiger werden, daher lehnen wir Klageprivilegien oder eine Sonderjustiz für ausländische Investor*innen ab. Wir wollen, dass die EU und ihre Mitgliedstaaten aus dem vollkommen aus der Zeit gefallenen Energiecharta-Vertrag aussteigen, auch um die Ziele des Green Deal der EU nicht zu gefährden. Wir lehnen Handelsabkommen ab, die Klima, Umwelt und Verbraucher*innen nicht ausreichend schützen. Das CETA-Abkommen werden wir deshalb in seiner jetzigen Fassung nicht ratifizieren. Wir werden so sicherstellen, dass die gefährlichen Investor-Staat-Schiedsgerichte nicht zur Anwendung kommen. Auch an den derzeit vorläufig angewendeten Teilen von CETA üben wir erhebliche Kritik. Wir wollen das Abkommen gemeinsam mit Kanada weiterentwickeln und dadurch neu ausrichten. Wir wollen insbesondere die demokratische Kontrolle bei der regulatorischen Kooperation verbessern. Hier muss das Europaparlament künftig besser eingebunden werden. Zudem braucht es stärkere Regelungen zu Umwelt-, Klima- und Verbraucherschutz und die Sicherung des europäischen Vorsorgeprinzips. Das EU-China-Investitionsabkommen, das maßgeblich von der deutschen Bundesregierung vorangetrieben wurde, ist in den Bereichen Level Playing Field und Menschenrechte unzureichend. Wir können ihm in seiner jetzigen Form nicht zustimmen.


Aktive Außenwirtschaftspolitik und fairer Wettbewerb

Um legitime Sicherheitsinteressen zu schützen und gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Marktteilnehmer*innen durchzusetzen, muss die EU reagieren, wenn aus Drittländern mit unfairen Mitteln auf dem EU-Binnenmarkt agiert wird, sowie eine aktive Außenwirtschaftspolitik betreiben. Anti-Dumping- und Anti-Subventions-Instrumente müssen weiterentwickelt werden, um ein Level Playing Field auf globalen Märkten zu erreichen. Die Anti-Dumping-Regeln müssen noch stärker als bisher auch bei Dumping durch niedrige ökologische und soziale Standards anwendbar sein. Durch eine Reform des EU-Beihilferechts können Wettbewerbsverzerrungen durch staatlich geförderte Konzerne aus anderen Weltregionen verhindert werden. Der EU-Prüfmechanismus für ausländische Direktinvestitionen muss verbessert werden, um zu verhindern, dass europäische Unternehmen von hochsubventionierten ausländischen Firmen übernommen werden, und ein neues EU-Instrument gegen wirtschaftlichen Zwang soll der EU helfen sich gegen rechtswidrigen ökonomischen Druck von außen zu wehren. Die deutsche Außenwirtschaftsförderung und ihre Instrumente müssen in Zukunft – anstelle von fossilen Anlagen und Kraftwerken – Hidden Champions unterstützen, die beispielsweise Hightech für bessere Umwelt- und Lebensbedingungen herstellen. Dazu müssen sie konsequent am 1,5-Grad-Ziel, an der Agenda für nachhaltige Entwicklung und an Menschenrechten ausgerichtet werden. Mit der EU-Kommission setzen wir uns für einen Grenzausgleich von CO2-Kosten ein, damit ambitionierter Klimaschutz nicht zum Wettbewerbsnachteil wird. Wir werden uns dafür einsetzen, dass die EU mit den Einnahmen aus diesem Grenzausgleich auch ärmere Handelspartnerländer bei der Dekarbonisierung unterstützt.


Fairer Handel für eine nachhaltige Entwicklung im globalen Süden

Die Entwicklungschancen der Länder des globalen Südens sind stark davon abhängig, wie fair die Handelspolitik gestaltet wird. Fairer Handel muss zum Standard werden, auch um postkoloniale Kontinuitäten zu durchbrechen. Dieser muss sich am Pariser Klimaabkommen, an der Agenda für nachhaltige Entwicklung sowie an den UN-Kernmenschenrechtsverträgen orientieren. Bestehende Fair-Handels-Initiativen müssen gefördert werden. Es braucht im Sinne einer nachhaltigen globalen Strukturpolitik dringend eine gerechte Handelspolitik mit den Ländern des globalen Südens, die regionale Wertschöpfung, regionalen Handel und Integration fördert und ihnen genügend Raum lässt, durch Zölle und Quoten ihre Märkte zu schützen sowie durch Exportsteuern die Ausfuhr heimischer Rohstoffe zu beschränken. So wird der Aufbau heimischer Industrien gefördert. Zölle für Länder des globalen Südens auf verarbeitete Produkte sollen gesenkt bzw. abgeschafft werden. Eine Instrumentalisierung der Entwicklungszusammenarbeit zur Flüchtlingsabwehr lehnen wir ab.

Lieferkettengesetz europäisch umsetzen

Viel zu oft kaufen wir Dinge, deren Herstellung auf dem Raubbau an Mensch und Natur basiert, obwohl wir das gar nicht wollen. Damit Unternehmen künftig Umwelt- und Sozialstandards, Menschenrechte sowie Klima- und Artenschutz entlang der gesamten internationalen Wertschöpfungskette durchsetzen, braucht es ein verbindliches und wirksames Lieferkettengesetz auf nationaler wie europäischer Ebene. Zudem schafft ein solcher verbindlicher Rahmen gleiche Wettbewerbsbedingungen am Markt und er schafft Rechtssicherheit. Den Kern einer solchen Regelung stellt eine zivilrechtliche Haftung dar, auf deren Grundlage Unternehmen im Schadensfall zur Verantwortung gezogen werden können. Nachbesserungen am deutschen Lieferkettengesetz sind dringend notwendig, zum Beispiel eine Ausweitung der erfassten Unternehmen, aber auch eine Erweiterung der umweltbezogenen Sorgfaltspflichten. Darüber hinaus setzen wir uns auch auf europäischer Ebene für eine ambitionierte, verbindliche Regelung in internationalen Lieferketten ein. Waren, deren Herstellung mit schweren Menschenrechtsverletzungen wie zum Beispiel Kinder- oder Zwangsarbeit im Zusammenhang steht, soll der Zugang zum EU-Binnenmarkt verwehrt werden. Auf EU-Ebene werden wir uns zudem für einen Importstopp für Agrarprodukte einsetzen, die im Zusammenhang mit illegaler Entwaldung und Menschenrechtsverletzungen wie Vertreibung stehen. Weltweit wird Wald, insbesondere so wichtiger Tropen-, Ur- und Mangrovenwald, mit fortschreitender Geschwindigkeit abgeholzt und abgebrannt – vor allem für die agrarindustrielle Produktion wie den Anbau von Soja und Palmöl, für Bergbau oder Holzeinschlag. Ein Großteil der Güter wird in die EU importiert. Die EU-Holzhandelsverordnung wollen wir stärken, die Verwendung von Soja und Palmöl als Kraftstoff jetzt stoppen und Strategien zur Reduktion von Palmöl und Soja in anderen Bereichen voranbringen. Wir schützen hier und weltweit den Wald, fördern die Wiederbewaldung und Renaturierung zerstörter Flächen und wollen dazu Verträge und Partnerschaften mit entsprechenden Ländern schließen. Wir setzen uns zudem für gentechnikfreie Lieferketten ein. Auf internationaler Ebene muss die Erarbeitung eines rechtsverbindlichen UN-Abkommens zu Wirtschaft und Menschenrechten (Binding Treaty) vorangetrieben werden.

Wir machen die Finanzmärkte stabiler und nachhaltiger
Grüne Finanzmärkte

Im Kampf gegen die Klimakrise und beim sozial-ökologischen Umbau unserer Wirtschaft spielt das Finanzsystem eine bedeutende Rolle. Noch immer werden Milliarden in fossile Energien und Geschäftsmodelle, die auf der Zerstörung der Ökosysteme und der Verletzung der Menschenrechte aufbauen – und damit gegen unsere Zukunft –, investiert. Wir werden durchsetzen, dass sich die öffentliche Hand vollständig aus diesen Investitionen zurückzieht, wenn weiterhin keine verlässlichen Schritte für eine nachhaltige Transformation der dahinterstehenden Unternehmen eingeleitet werden. Öffentlich-rechtliche Banken, Versicherer und Pensionsfonds sowie der Bund als Investor und Miteigentümer von Unternehmen müssen eine Vorreiterrolle bei der grünen Finanzwende und der Transformationsfinanzierung einnehmen. Klima- und Umweltrisiken sollen offengelegt und bei Banken und Versicherungen mit Eigenkapital unterlegt werden sowie bei Ratings berücksichtigt werden. Alle Anlagen, nicht nur grüne, müssen eine Nachhaltigkeitsbewertung haben, die für alle Anleger*innen transparent ist. Dabei sind neben den Klimazielen auch andere Umweltwirkungen, Menschenrechte, Arbeitsnormen und Entwicklungsziele zu berücksichtigen. Dafür braucht die BaFin eine robuste ESG-Aufsichtskompetenz gemäß der Sustainable-Finance-Regulierung. Auch in die Anlageberatung muss diese Bewertung einfließen. Zum Schutz des Klimas, aber auch zum Schutz der Anleger*innen, brauchen wir eine einheitliche Zertifizierung nachhaltiger Finanzprodukte auf europäischer Ebene. So sorgen wir dafür, dass Kapital von schmutzigen in grüne und nachhaltige Investitionen umgelenkt wird. Atomkraft ist keine grüne Geldanlage.


Saubere Bilanzen am deutschen Kapitalmarkt

Beim Bilanzskandal Wirecard sind die zuständigen Wirtschaftsprüfer*innen und die staatliche Aufsicht an ihrer Aufgabe gescheitert. Erst nachdem ein neues Unternehmen auf die Bilanzen geblickt hatte, wurde ordentlich geprüft, während man die Jahre davor immer wieder Bilanzen durchwinkte, um die eigenen Versäumnisse der Vorjahre zu vertuschen. Wir wollen, dass Unternehmen in der Regel nach sechs Jahren ihre Wirtschaftsprüfer*innen wechseln müssen. Wirtschaftsprüfungsgesellschaften dürfen nicht gleichzeitig Unternehmen beraten, die sie prüfen. Die Aufdeckung von Bilanzbetrug muss als Ziel gesetzlich verankert werden. Wirtschaftsprüfungsgesellschaften müssen wirksam staatlich beaufsichtigt werden. Die persönliche Haftung von Entscheider*innen in Unternehmen muss bei Rechtsverstößen tatsächlich wirksam werden. Auch Aufsichtsräte müssen gestärkt und kompetent besetzt werden. Die Vergütung von Vorständen muss sich am langfristigen Unternehmenserfolg statt am kurzfristigen Börsenkurs orientieren.


Eine Finanzaufsicht mit Zähnen

Wir brauchen eine Finanzaufsicht mit Zähnen, die Missstände aufzeigt, statt sie zu ermöglichen. Bei Wirecard hat auch die deutsche Finanzaufsicht (BaFin), wie so häufig zuvor kläglich versagt. Als Aufseherin verbot die BaFin Leerverkäufe gegen Wirecard und zeigte Journalist*innen an, die Unregelmäßigkeiten aufdeckten. Das kam einem Persilschein für Wirecard gleich. Anleger*innen haben im Ergebnis nicht nur ihr Geld, sondern zugleich auch das Vertrauen in den Finanzplatz Deutschland und seine Aufsicht verloren. Für ehrliche Unternehmen wird die Finanzierung so künftig schwieriger und teurer. Kultur und Selbstverständnis der BaFin müssen sich deshalb komplett ändern. Es braucht eine Fehlerkultur innerhalb der Aufsicht und eine Kultur der Skepsis und des Hinterfragens. Wir wollen eine
Finanzpolizei mit umfassenden Prüfungsrechten schaffen, die Informationen mit allen zuständigen Behörden im In- und Ausland austauscht. Dem Zoll als Bundesbehörde kommen wichtige Aufgaben im Bereich der Bekämpfung der Finanzkriminalität, Steuerhinterziehung und Geldwäsche zu. Momentan ist er personell und organisatorisch nicht in der Lage, diese Funktion zu erfüllen. Wir werden ihn besser und mit den notwendigen rechtsstaatlich abgesicherten Befugnissen ausstatten, damit er künftig schwere Finanzkriminalität effektiv bekämpfen kann.


Das Bankgeschäft muss wieder langweilig werden

Auch über zehn Jahre nach der Finanzkrise geht von Banken noch immer eine Gefahr für die Wirtschaft aus. Noch immer ist nicht ausgeschlossen, dass im Falle einer Pleite die Steuerzahler*innen haften. Wir wollen deshalb zurück zum „Boring Banking“. Banken sollen nicht spekulieren, sondern die Realwirtschaft finanzieren. Statt der immer undurchsichtigeren Regulierungsflut wollen wir einfache und harte Regeln. Die Regulierungslücken bei Schattenbanken, Zahlungsdienstleistern und Fintechs schließen wir, jedes Produkt und jeder Akteur muss reguliert sein. Wir werden die Schuldenbremse (Leverage Ratio) für Banken verbindlich machen und schrittweise auf 10 Prozent erhöhen. Das riskante Investmentgeschäft muss vom Einlagen- und Kreditgeschäft getrennt werden (Trennbankensystem). Auch Investmentbanken müssen konsequent beaufsichtigt und Geschäftsbereiche, die zu Interessenskonflikten führen, ausgegliedert werden. Es braucht eine starke Fusionskontrolle und zu große Banken sollen entflochten werden. Für kleine Banken, von denen kein Risiko für das Finanzsystem ausgeht, sollten hingegen einfachere Regeln gelten. Spekulation und Kurzfristorientierung werden wir, unter anderem durch eine EU-weite Finanztransaktionssteuer mit breiter Bemessungsgrundlage, unattraktiv machen. Um die Stabilität und Berechenbarkeit der Finanzmärkte zu erhöhen, werden wir den schädlichen Hochfrequenzhandel eindämmen.


Schmutziges Geld einziehen

Unser Land ist derzeit ein Paradies für Geldwäsche. Wir werden mit einer umfassenden Strategie gegen Geldwäsche vorgehen. Bei allen Gesellschaften, Stiftungen und sonstigen Konstrukten muss umfassende Transparenz über die wirtschaftlich Berechtigten bestehen. Wir befürworten eine Absenkung der Identifizierungspflicht auf 10 Prozent. Lücken und Umgehungsmöglichkeiten des Transparenzregisters werden geschlossen. Die Finanzaufsicht muss in der Geldwäschebekämpfung eine aktive Rolle spielen, statt Verdachtsmeldungen nur weiterzureichen. Im Nichtfinanzsektor, gerade bei Immobilien, bleibt Geldwäsche besonders oft unentdeckt. Wir werden bundesweite Mindeststandards für Aufsicht, Prüfungen, Ressourcen und Personal durchsetzen. Die Zuständigkeit für die Bekämpfung der Geldwäsche soll vollständig auf den Bund übergehen. Illegale Gelder und Vermögenswerte werden wir umfassend abschöpfen. Das Einfrieren von verdächtigen Finanztransaktionen wollen wir erleichtern und die Dauer von Transaktionsverboten
verlängern, um die Strafverfolgung zu sichern. Wir werden die Einführung einer hohen Obergrenze für Bargeldzahlungen, wie von der EU-Kommission vorgeschlagen, prüfen.


Digitalen Euro einführen

Digitales Bezahlen gewinnt in unserem Alltag stetig an Bedeutung. Es ist bequem, schnell und soll noch sicherer werden. Wir befürworten die Initiative der Europäischen Zentralbank (EZB), einen digitalen Euro zu schaffen. Sie gewährleistet dabei Daten- und Rechtssicherheit für Verbraucher*innen und Unternehmen und erhöht die Effizienz der Euro-Transaktionen. Sie wirkt ungerechtfertigten Kosten durch Oligopole entgegen. Private Firmen können auf dieser Grundlage Produkte und Apps aufbauen. Ein digitaler Euro löst klassisches Bargeld nicht ab, sondern ergänzt es. Eine Aushöhlung des Geld- und Währungsmonopols durch private Währungen mächtiger Großkonzerne lehnen wir strikt ab. Bei allen digitalen Zahlungen und Kryptowährungen müssen die tatsächlichen wirtschaftlich Berechtigten analog zu Regelungen beim Bargeld ab einer gewissen Schwelle ermittelt werden. Zur Bekämpfung von Verbrechen wie Geldwäsche, Darstellung sexualisierter Gewalt gegen Kinder, Steuerhinterziehung und Terror- Finanzierung braucht es auch für den Bereich des digitalen Bezahlens klare Regeln. Bestehende Kooperationspflichten von Kryptotauschbörsen wollen wir erweitern und Ermittlungsbehörden angemessen in diesem Bereich schulen. Wir wollen den rasanten Entwicklungen im Bereich dezentraler Finanzanwendungen gerecht werden und die Chancen und Risiken von Kryptowährungen und Blockchains differenziert ausloten.

Wir vollenden die Europäische Wirtschafts- und Währungsunion
In Europas Zukunft investieren

Europas Gesellschaften und Unternehmen leben von einer starken öffentlichen Infrastruktur. Daher ist es umso gefährlicher, dass in den letzten Jahren so sehr auf Verschleiß gefahren und nicht investiert wurde. Wir wollen die Europäische Währungsunion zu einer Sozialunion ausweiten. In wichtigen Zukunftsfeldern wie der Digitalisierung oder der Batterieproduktion droht Europa den Anschluss zu verlieren. Wir werden in der EU konsequent in Klimaschutz, Digitalisierung, Forschung und Bildung investieren. Dafür wollen wir das neu geschaffene Wiederaufbauinstrument verstetigen und in ein permanentes Investitions- und Stabilisierungsinstrument unter der Kontrolle des Europäischen Parlaments überführen. Damit sollte die EU sowohl in wichtige Zukunftsbereiche investieren als auch
in Krisen stabilisierend wirken können. Gleichzeitig stärken wir den EU-Haushalt, indem wir ihn mit eigenen Einnahmen ausstatten. Die EU soll die Einnahmen des CO2-Grenzausgleichs erhalten. Auch die Besteuerung von Plastik und Digitalkonzernen und möglichst auch der Finanztransaktionen soll den EU-Haushalt stärken. Wir wollen gemeinsam mit unseren europäischen Partnern den Stabilitäts- und Wachstumspakt so reformieren, dass ein zu hoher Kürzungs- und Privatisierungsdruck verhindert wird und Zukunftsinvestitionen in allen Mitgliedsländern weiter erhöht werden können. Öffentliche Daseinsfürsorge, gute Gesundheitsversorgung und Bildung müssen in allen europäischen Mitgliedsländern gestärkt werden.


Währungsunion vollenden, Europa krisensicher aufstellen

Es war ein Fehler, dass die Konservativen jahrzehntelang eine eigene Fiskalpolitik Europas verhindert haben. Wir wollen dafür Sorge tragen, dass die EU mit einem nachhaltigen Investitionsfonds ein Instrument für eine dauerhafte, eigene Fiskalpolitik erhält. Der Fonds stabilisiert im Krisenfall und investiert in europäische öffentliche Güter wie Klima, Forschung, digitale Infrastruktur, Eisenbahn und Bildung. Er muss so gestaltet werden, dass er im Krisenfall nicht durch einzelne Länder blockiert werden kann und eine starke Kontrolle durch das Europaparlament sichergestellt ist. Der Europäische Stabilitätsmechanismus wird zu einem Europäischen Währungsfonds weiterentwickelt. In ihm erhalten die Länder eine nicht konditionierte kurzfristige Kreditlinie. So wird Spekulation gegen einzelne
Staaten schon im Vorfeld abgewendet. Die Bankenunion wird durch eine gemeinsame Einlagensicherung als Rückversicherung vollendet, damit jeder Euro überall gleich sicher ist. Durch eine gemeinsame und stärker antizyklische Fiskalpolitik entlasten wir die Zentralbank und sorgen dafür, dass sie künftige Brände nicht wieder alleine löschen muss. Darüber hinaus begrüßen wir, dass die EZB ihrer Verantwortung für die Stabilität des Euro in allen Mitgliedstaaten nachkommt, indem sie Zinsunterschiede innerhalb der Eurozone in Grenzen hält. Wir stehen zur Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank. Gleichzeitig begrüßen wir die Debatte der EZB über ihre neue geldpolitische Strategie. Die Klimakrise hat massive Rückwirkungen auf unsere Volkswirtschaften, es ist deshalb sinnvoll, dass alle geldpolitischen Maßnahmen den Einfluss der Klimakrise auf die Geldwert- und Finanzstabilität berücksichtigen. Zudem hat die EZB die Aufgabe, die allgemeine Wirtschaftspolitik der EU zu unterstützen. Wie sie den Europäischen
Green Deal mit seinen ökologischen und sozialen Zielen als wirtschaftspolitische Leitstrategie der EU stärkt, obliegt ihrer unabhängigen Entscheidung.


Euro zur Leitwährung machen

Wir wollen, dass sich der Euro zu einer glaubwürdigen, internationalen Leitwährung entwickelt, damit Europa seine Souveränität bewahrt und ausbaut. Langfristig soll ein starker und stabiler Euro seinen Platz in einem kooperativen globalen Weltwährungssystem finden. Der Euro ist ein wesentlicher Baustein einer umfassenden Strategie, die europäische Werte auf der globalen Ebene stärkt und durchsetzt. Wir werden sichere europäische Vermögenswerte schaffen, in denen die Welt sparen kann. In Zukunftsmärkten wie Investitionen in Klimaschutz soll der Euro das internationale Zahlungsmittel werden. Um die internationale Rolle des Euro zu stärken, braucht es aber auch innereuropäische Solidarität: Wir wollen Ungleichgewichte gemeinsam in Überschuss- und Defizitländern reduzieren sowie
wirtschafts- und finanzpolitische Entscheidungen als Gemeinschaft treffen

Wir haushalten solide, weitsichtig und gerecht
Bundeshaushalt wird zukunftstauglich

Wir wollen den Bundeshaushalt nachhaltiger, gerechter und transparenter machen. Nachhaltiger wird er, wenn wir die umweltschädlichen Subventionen endlich beenden. Immer noch subventionieren die öffentlichen Haushalte des Landes mit über 50 Milliarden Euro klimaschädliches Verhalten. Wir werden diese Subventionen schrittweise abbauen und den Bundeshaushalt klimagerecht machen. In einem ersten Schritt können wir so über 15 Milliarden Euro jährlich einnehmen und sie für die Finanzierung von Klimaschutz und sozialer Gerechtigkeit einsetzen. Für die Ausgaben des Bundes streben wir eine Klima- und Biodiversitätsquote an, die schrittweise steigen soll. Zur Finanzierung dieser nachhaltigen Ausgaben setzen wir auf grüne Anleihen. Mit dem Gender Budgeting erreichen wir eine konsequente Berücksichtigung und Einbeziehung von Gleichstellungsaspekten bei finanz- und haushaltspolitischen Entscheidungen. Das macht den Haushalt gerechter. Durch die Gestaltung des Bundeshaushaltes nach den Grundsätzen der doppelten Buchführung machen wir ihn transparenter und generationengerechter. Unser Steuersystem wollen wir schrittweise so umbauen, dass Umweltbelastung und Ressourcenverbrauch stärker besteuert werden und dafür beispielsweise Steuern und Abgaben auf Arbeit verringert werden, oder die Einnahmen etwa als Energiegeld zurückgegeben werden.


Sorgsamer Umgang mit Steuergeld

In den vergangenen Jahren wurde im großen Umfang Geld im Bundeshaushalt verschwendet. Die Pkw-Maut war ein Desaster mit Ansage. Das Verteidigungsministerium hat Millionen in teure Beraterverträge versenkt. Schlecht gemachte öffentlich-private Partnerschaften haben sich für die privaten Unternehmen als lukrativ und für die Steuerzahler*innen als teuer erwiesen. Wir werden sorgsam mit dem Geld der Steuerzahler*innen umgehen. Das und das Streichen von überflüssigen Ausgabeposten hat für uns Vorrang vor Kreditaufnahme und Einnahmeerhöhungen. Wir werden künftig Transparenz herstellen und alle ÖPP-Verträge veröffentlichen. Grundsätzlich wollen wir, dass ÖPP nur dann in Betracht kommen dürfen, wenn sich durch sie, langfristig und sicher, ein Mehrwert oder geringere Kosten für die Steuerzahler*innen ergeben. Im Verkehrsbereich wollen wir ÖPP-Projekte gesetzlich ausschließen. Die Kontrolle bei Bauvorhaben und großen öffentlichen Beschaffungen wird verbessert. Weitere Privatisierungen öffentlicher Unternehmen im Bereich der öffentlichen Pflichtaufgaben der Daseinsvorsorge lehnen wir ab.


Schuldenbremse reformieren, Investitionsregel einführen

Deutschland verfügt auch nach der Corona-Krise über tragfähige Staatsfinanzen. Die Zinsen sind historisch niedrig, das Vertrauen in deutsche Staatsanleihen ist hoch. Wir haben aber ein Zukunftsproblem. Die Erde erhitzt sich, die Schulen verfallen und Deutschland gehört beim schnellen Internet zu den Schlusslichtern der EU. Wir investieren zu wenig in unser Land. Das sind Schulden, die nicht in den Büchern stehen, aber unseren Wohlstand gefährden. Wir wollen die Schuldenbremse im Grundgesetz für Bund und Länder zeitgemäß gestalten, sodass die Tragfähigkeit der zukünftigen Zinslast gewährleistet ist, und zugleich die so dringenden Investitionen zu ermöglichen. Bei konsumtiven Ausgaben bleibt es bei den derzeitigen strikten Regelungen; bei Investitionen, die neues öffentliches Vermögen schaffen, erlauben wir eine begrenzte Kreditaufnahme in Höhe der Netto-Investitionen. So schaffen wir öffentliches Vermögen, das uns allen gehört, denn die Rendite öffentlicher Investitionen ist hoch, während der Bund keine Zinsen für seine Kredite bezahlt.

 

Mehr Steuergerechtigkeit schaffen

Steuern sind die Grundlage für die Finanzierung unseres Gemeinwesens und zentraler Hebel für Gerechtigkeit. Wir möchten es gerechter und transparenter für die Bürger*innen machen. Angesichts der Corona-Krise wird die Lage der öffentlichen Haushalte in den kommenden Jahren sehr angespannt sein. Daher müssen alle Veränderungen im Steuerrecht mindestens aufkommensneutral sein. Ziel ist, dass alle einen fairen Beitrag leisten. Heute aber tragen die obersten 10 Prozent der Einkommen über Steuern und Abgaben relativ weniger bei als die mittleren Einkommen. Das ändern wir, indem wir den Grundfreibetrag der Einkommensteuer erhöhen, um kleine und mittlere Einkommen zu entlasten. Im Gegenzug wollen wir den Spitzensteuersatz moderat anheben. Ab einem Einkommen von 100.000 Euro für Alleinstehende und 200.000 Euro für Paare wird eine neue Stufe mit einem Steuersatz von 45 Prozent eingeführt. Ab einem Einkommen von 250.000 bzw. 500.000 Euro folgt eine weitere Stufe mit einem Spitzensteuersatz von 48 Prozent. Zusätzlich werden hohe Manager*innengehälter oberhalb von 500.000 Euro nicht mehr zum Abzug als Betriebsausgaben zugelassen. Kapitalerträge werden unter Beibehaltung des Sparerfreibetrages mit dem individuellen Steuersatz veranlagt. Banken und andere Finanzinstitute behalten weiterhin Kapitalertragsteuer ein, die eine Vorauszahlung auf die persönliche Einkommensteuer darstellt. Für auf Unternehmensebene bereits versteuerte Einkommen wie Dividenden gilt wieder generell das Teileinkünfteverfahren, das die Kapitalerträge auf Anlegerebene teilweise steuerlich freistellt. Aktienkleinanleger*innen entlasten wir so spürbar und nähern uns dem Ideal eines finanzierungsneutralen Steuersystems an. Wir werden die bislang nach einer Zehn-Jahres-Frist geltende Steuerfreiheit für Veräußerungsgewinne von Grundstücken und Immobilien abschaffen. Auch werden wir die Steuerfreiheit für andere Veräußerungsgewinne, beispielsweise beim Handel mit Edelmetallen, Rohstoffen oder Kryptowerten, abschaffen. Untere und mittlere Einkommen entlasten wir unter anderem durch die Einführung einer Kindergrundsicherung und durch unser Energiegeld. Soweit durch mobiles Arbeiten Kosten für Arbeitnehmer*innen entstehen, müssen diese vom Arbeitgeber erstattet werden oder steuerlich als Werbungskosten absetzbar sein. Die Vermögensungleichheit in Deutschland hat stark zugenommen und liegt weit über dem EU-Durchschnitt. Das liegt unter anderem daran, dass es sehr reichen Menschen möglich ist, durch Gestaltungen einer Besteuerung von Vermögen, etwa bei der Erbschaftssteuer, nahezu komplett zu entgehen. Wir wollen solche Gestaltungsmöglichkeiten abbauen und große Vermögen wieder stärker besteuern. Dafür gibt es verschiedene Instrumente wie zum Beispiel die Erbschaftssteuer oder die Vermögensteuer. Die Einführung einer neuen Vermögensteuer für die Länder ist unser bevorzugtes Instrument. Die Länder sollten die Einnahmen dieser Steuer für die Finanzierung der wachsenden Bildungsaufgaben einsetzen. Die Vermögensteuer sollte für Vermögen oberhalb von zwei Millionen Euro pro Person gelten und jährlich 1 Prozent betragen. Begünstigungen für Betriebsvermögen werden wir im verfassungsrechtlich erlaubten und wirtschaftlich gebotenen Umfang einführen. Dabei streben wir Lösungen an, die zusätzliche Anreize für Investitionen schaffen und die besondere Rolle und Verantwortung von mittelständischen und Familienunternehmen berücksichtigen. Ungerechtfertigte Ausnahmen im Bereich der Umsatzsteuer bauen wir ab und sorgen dadurch auch hier für mehr Fairness bei der Finanzierung staatlicher Aufgaben.


Konsequent gegen Steuerhinterziehung und -vermeidung vorgehen

Jedes Jahr verlieren die Steuerzahler*innen hohe Milliardenbeträge durch Steuerhinterziehung und aggressive Steuervermeidung. Wir wollen mit einer umfassenden Strategie dagegen vorgehen. Die EU-weite Anzeigepflicht für Steuergestaltungen muss um eine Verpflichtung für rein nationale Gestaltungen ergänzt werden. Wir setzen uns auf internationaler Ebene für eine globale Allianz gegen Steuerhinterziehung ein. Zusätzlich zur bestehenden Steuerpflicht nach dem Wohnsitz wird eine Steuerpflicht auch nach der Nationalität für Menschen mit hohem Einkommen, ähnlich wie in den USA, eingeführt, um rein steuerlich motivierte Wohnsitzwechsel zu verhindern. Wir werden regelmäßig die Steuerlücke schätzen lassen. Die Steuerverwaltung muss deutlich gestärkt werden. Um Vollzugsdefizite bei der Bekämpfung von Steuervermeidung großer Konzerne und reicher Bürger*innen zu beheben, schaffen wir eine Spezialeinheit auf Bundesebene. Steuerhinterziehung ahnden wir härter, die Umgehung der Grunderwerbssteuer mit Share Deals muss endlich unterbunden werden. Cum-ex- und Cum-cum-Geschäfte beenden wir, wo sie immer noch möglich sind, und kümmern uns mit Nachdruck um eine konsequente Einziehung der entstandenen Schäden durch die Länder.

 

Konzerne angemessen besteuern

Durch Buchungstricks verschieben große Konzerne ihre Gewinne in Steuersümpfe, aus Europa wie aus vielen armen Ländern. So fehlen Milliarden für unsere Infrastruktur, und die Firmen verschaffen sich unfaire Wettbewerbsvorteile gegenüber kleineren Unternehmen. Darum kämpfen wir für ein international verbindliches Regelwerk, das Mindeststandards für die Steuerpflichten von Unternehmen und Staaten setzt, sowie die Stärkung des UN-Steuer- Komitees. Die internationalen Mindeststeuersätze für Großunternehmen wollen wir in Deutschland und Europa ambitioniert umsetzen. Europa soll die Mindeststeuersätze Amerikas nicht unterbieten, sondern transatlantisch für höhere Mindeststeuersätze streiten. Zudem brauchen wir harte EU-Regeln gegen den Missbrauch von Briefkastenfirmen zur Steuervermeidung. Auch zu Hause werden wir aktiv: Wir wollen dafür sorgen, dass Konzerne ihre Gewinne, Umsätze und Steuerzahlungen nach Ländern umfänglich öffentlich machen müssen. In der EU führen wir eine gemeinsame Bemessungsgrundlage für die Unternehmenssteuern und einen Mindeststeuersatz von mittelfristig 25 Prozent ohne Ausnahmen ein. Google, Facebook und Co. werden mit einer Digitalkonzernsteuer endlich angemessen besteuert. Eine Übergewinnsteuer für andere Sektoren werden wir prüfen. Banken und Steuerberater*innen verbieten wir, Geschäfte in Steuersümpfen zu tätigen oder dorthin zu vermitteln. Wir setzen uns dafür ein, auch in Steuerfragen zu Mehrheitsentscheidungen in der EU überzugehen. Soweit europäische Einigungen nicht gelingen, gehen wir voran, in verstärkter Zusammenarbeit oder gemeinsam mit einzelnen Staaten. National gehen wir gegen Gewinnverschiebungen mit einer verschärften Zins- und Lizenzschranke und mit Quellensteuern vor.

 

Das Wahlprogramm zum Nachlesen 

Vorwort: Eine Einladung

Kapitel 1: Lebensgrundlagen schützen

Kapitel 2: In die Zukunft wirtschaften

Kapitel 3: Solidarität sichern

Kapitel 4: Bildung und Forschung ermöglichen

Kapitel 5: Zusammen leben

Kapitel 6: International zusammenarbeiten

Nachwort: Regieren auf Augenhöhe mit der Zukunft

 

Hier kannst Du das Bundestagswahlprogramm downloaden

Wahlprogramm als PDF

Das Wahlprogramm „Kurz und knapp“ als PDF