Rede zur Aktualisierung des Energie- und Klimaschutzkonzeptes

Rede zum Antrag „Aktualisierung des Energie- und Klimaschutzkonzeptes“ (Antrag der Koalition aus SPD, GRÜNEN, FDP und FWG), in der 19. Kreistagssitzung am 25.09.2023, gehalten von Dr. Jan Marien, Bündnis 90/ Die Grünen, Mitglied des Kreistages. Hier gehts zum Youtube-Video.

 

 

Einbringung des Koalitionsantrages „Aktualisierung des Energie- und Klimaschutzkonzeptes“

 

Sehr geehrter Herr Vorsitzender,

liebe Kolleginnen und Kollegen!

 

Mit dem Kreistagsbeschluss vom 20.7.2015 sind die Ziele und Maßnahmenpläne des integrierten Energie- und Klimaschutzkonzeptes inklusive eines dazugehörigen Controllingsystems beschlossen worden.

Das Klimaschutzkonzept ist dabei themenübergreifend ausgerichtet und betrachtet alle Energieverbräuche von privaten Haushalten, Industrie, Gewerbe Handel Dienstleistungen sowie der Kommunen selbst.

Für die Städte Aßlar, Leun, Solms und Wetzlar lagen zu diesem Zeitpunkt eigene Klimaschutzkonzepte vor, so dass für diese Kommunen kein weiterer Handlungsbedarf bestand. Die übrigen 18 Städte und Kommunen – bis auf die Gemeinde Ehringshausen – haben mit dem Kreis eine Kooperationsvereinbarung unterzeichnet.

Das Klimaschutzkonzept richtet sich primär an den Kreis, enthält aber für die beteiligten Kommunen neben einer umfassenden Bestands- und Potentialanalyse auch Vorschläge für die Durchführung von Maßnahmen.

In diesem Konzept ging man noch von einem Zieldatum der Klimaneutralität bis zum Jahr 2050 aus.

Inzwischen haben sich die gesetzlichen Rahmenbedingungen allerdings deutlich verändert.

So hat die Bundesregierung im Jahr 2021 das Klimaschutzgesetz novelliert, dass nun eine Treibhausgasneutralität bis 2045 vorsieht. Zur Erinnerung: An dieser Bundesregierung waren B90/DIE GRÜNEN nicht beteiligt.

Mit diesem Gesetz sind auch die Minderungsziele für 2030 und für 2040 entsprechend angepasst worden. Ein weiterer wichtiger Aspekt dieser Gesetzesnovelle ist die Berücksichtigung natürlicher Ökosysteme, ich komme auf diesen Aspekt noch einmal zurück.

Die Wärmeversorgung macht in Deutschland mehr als 50% des Endenergiebedarfes aus und verursacht einen Großteil des CO2-Ausstoßes. Dies gilt für den Lahn-Dill Kreis in gleicher Weise, wie man dem beschlossen Konzept von 2015 entnehmen kann.

Das durch den hessischen Landtag beschlossene und am 29.11.2022 in Kraft getretene hessische Energiegesetz sieht vor, dass Kommunen ab 20.000 Einwohnern eine Wärmeplanung durchführen müssen.

Das intensiv diskutierte GEG des Bundes wird in der jetzt beschlossenen Fassung eng verzahnt mit dem geplanten Bundesgesetz für die Wärmeplanung. Der Gesetzesentwurf hierfür ist vom Bundeskabinett am 16.8.2023 beschlossen worden und befindet sich jetzt im parlamentarischen Verfahren. Demnach müssen alle Städte und Gemeinden ab 10.000 Einwohnern bis zum 30.6.2028 einen Wärmeplan vorlegen. Die Verantwortung hierfür wird an die Länder übertragen, die wiederum die Kommunen verpflichten können. Zugleich können sich kleinere Gemeinden auch zusammenschließen und in einem sogenannten Konvoi-Verfahren einen gemeinsamen Wärmeplan erstellen.

Das herausragende Ziel der Wärmeplanung ist es, den vor Ort besten und kosteneffizientesten Weg zu einer klimafreundlichen und fortschrittlichen Wärmeversorgung zu ermitteln.

Wie Sie also sehen können, ist das bestehende Klimaschutzkonzept des Lahn-Dill Kreises nicht nur in die Jahre gekommen, es entspricht in wesentlichen Teilen auch nicht mehr den geänderten gesetzlichen Rahmenbedingungen.

Was also soll gemacht werden? Was sind die wesentlichen Punkte, in denen das Klimaschutzkonzept überarbeitet werden soll?

Ich möchte Ihnen gerne die 4 wesentlichen Aspekte näherbringen.

Erstens: Bislang hat das Klimaschutzkonzept darauf gezielt, Treibhausneutralität bis zum Jahr 2050 herzustellen. Dieses Ziel muss selbstverständlich auf ein Zieldatum 2045 angepasst werden.

Konkrete Maßnahmen sind hierbei vor allem auf die kreiseigenen Zuständigkeiten abzustellen. Neben den Themen Energieeffizienzmaßnahmen sowie Ressourceneffizienz bei Baumaßnahmen gehört insbesondere die sukzessive energetische Sanierung aller kreiseigenen Liegenschaften und aller Schulen zu den Aufgaben. Hierbei sind die gesetzlichen CO2 Reduktionsvorgaben bis 2030 bzw. bis 2040 zu beachten. Die Reihenfolge der Maßnahmen muss sich am Wirtschaftlichkeitsprinzip orientieren: d.h. Maßnahmen mit hohem Einspar-Effekt bezogen auf die Kosten sind zu priorisieren.

Dies ist mir wichtig zu betonen: der Prozess der CO2 Reduktion ist kein linearer, sondern in den kommenden Jahren werden die Einspar-Erfolge sehr viel größer sein müssen als in den Jahren nach 2035. Dies folgt sowohl einer wirtschaftlichen Logik, dass mit den günstigsten Maßnahmen die höchsten Einsparungen in den Folgejahren erzielt werden. Es folgt aber auch der Notwendigkeit einer schnellen Reduktion der CO2 Emissionen.

Zweitens: Wenn man Ziele erreichen will, dann müssen diese messbar sein. Deshalb brauchen wir ein entsprechendes Monitoring aller dem Kreis zuzurechnenden CO2 Emissionen.

Wir haben einen großen Datenschatz, der allerdings in die Jahre gekommen ist. Deshalb ist es notwendig, diesen auf den aktuellen Stand zu bringen.

Gegenüber 2013 haben sich zudem viele Randbedingungen geändert: So wurde etwa im Jahr 2013 noch etwa 570g CO2 pro erzeugter kWh Strom freigesetzt, in diesem Jahr wird der Wert knapp über 400g CO2 im deutschen Strommix sein.

Auch sind Änderungen des Energieträgermixes im Heiz- und Wärmebereich zu erwarten: Während Wärmepumpen 2013 noch keine große Rolle gespielt haben, sind diese im Neubaubereich inzwischen eine sehr wichtige Wärmequelle, um nur 2 Beispiele zu nennen.

Drittens: Ich möchte auf den Punkt der Zielsetzung des Klimaschutzgesetzes eingehen, den ich vorhin schon kurz angesprochen habe: Die Berücksichtigung natürlicher Ökosysteme im Klimaschutzkonzept des Kreises.

Der Lahn-Dill Kreis besteht zu 50% aus Waldflächen, das sind 507 km2; weitere 363 km2 werden landwirtschaftlich genutzt. Die Nutzung bei uns im Kreis ist vorrangig extensive Landwirtschaft, mit einem hohen Anteil an Weidenutzung oder Obstwiesen.

Klimaschutz darf nicht nur technologisch gedacht werden, denn gerade forstwirtschaftliche und landwirtschaftliche Flächen können als natürliche CO2-Senken einen wesentlichen Beitrag leisten.

Hier geht es also darum, dass diese Aspekte in das Klimaschutzkonzept des Kreises aufgenommen werden, mitbilanziert werden und ggf. Handlungsempfehlungen ausgesprochen werden.

Viertens: Wie bereits Eingangs ausführlich erläutert, wird in den nächsten Jahren die kommunale Wärmeplanung eine große Aufgabe für die Kommunen werden. Hier können Daten, die bereits im Klimaschutzkonzept des Kreises vorliegen, etwa ortsteilbezogene Energiesteckbriefe oder die Schornsteinfegerdaten, als wichtige Planungsgrundlage den Gemeinden zur Verfügung gestellt werden. Dafür müssen diese natürlich, wie zuvor schon ausgeführt, aktualisiert werden. Insofern macht es Sinn, dass nach der gleichen Methodik wie vor zehn Jahren die Datenbasis entsprechend aktualisiert und fortgeschrieben wird.

Die Lage im Kreisgebiet ist durchaus unterschiedlich. Es gibt Gemeinden, die aufgrund Ihrer Einwohnerzahl auf jeden Fall zur Wärmeplanung verpflichtet sind, und die auch über entsprechende kommunale Einrichtungen verfügen: Ich nenne exemplarisch Wetzlar, Dillenburg und Herborn, die jeweils über eigene kommunale Stadtwerke verfügen. Diese brauchen sicherlich wenig oder keine Unterstützung durch den Kreis.

Viele kleine Gemeinde haben allerdings nicht die Ressourcen, eine aufwändige Planung selber durchzuführen. Hier kann der Kreis eine unterstützende bzw. koordinierende Rolle übernehmen.

An dieser Stelle möchte ich auch erwähnen, dass es inzwischen viele Gewerbe- und Industriebetriebe im Kreisgebiet gibt, die intensiv an dem Thema der Klimaneutralität arbeiten und sich zum Teil deutlich ambitionierte Ziele gesetzt haben. Diese in eine Planung mit einzubeziehen, etwa als Lieferant von Wärme in ein regionales Wärmenetz, kann auch für die vielen heimischen Betriebe eine interessante Perspektive sein, sowohl in ökonomischer als auch ökologischer Sicht.

Lassen Sie mich zusammenfassen: Es geht uns darum, dass das Klimaschutzkonzept aktualisiert und fortgeschrieben wird, dass die aktuellen gesetzlichen Anforderungen berücksichtigt werden und schwerpunktmäßig die kommende kommunale Wärmeplanung berücksichtigt wird.

Um es an dieser Stelle deutlich zu sagen: Die kommunale Wärmeplanung ist vorrangig eine Aufgabe der Städte und Gemeinden, die nach dem Gebot der Konnexität von Land oder Bund zu finanzieren sind; der Kreis kann hier nur eine untergeordnete und unterstützende Funktion haben. Da aber sowohl der Bund als auch das Land den Kommunen nur begrenzte Fördermittel für diese Aufgabe zur Verfügung stellen wird, gilt hier: Der frühe Vogel fängt den Wurm. Jetzt geht es darum, mit den aktualisierten Daten unsere Kommunen schnell in die Lage zu versetzen, entsprechende Anträge zu stellen und die Wärmeplanung voranzubringen. Dies ist eine Handreichung, die der Kreis leisten kann und sollte.

 

Wir bitten um Ihre Zustimmung

 

 

 

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