Die Grüne Position: Weiterbau der Bundesautobahn 49 in Hessen stoppen

 

Hier folgt zuerst die Stellungnahme der (Bundespartei) Bündnis 90/DIE GRÜNEN zum Weiterbau an der Bundesautobahn 49. Der Text stammt ursprünligch von der Website der Bundespartei. HIER gehts zum Original-Text zum nachlesen. Weiter unten folgt das FAQ des hessischen Verkehrsministeriums und weitere Informationen zum Weiterbau der Bundesautobahn A49.

 

Wir GRÜNE haben den Weiterbau der A 49 immer für falsch gehalten und halten ihn weiter für falsch. Verantwortlich ist Andreas Scheuer, er muss jetzt die Reißleine ziehen.

Darum geht’s

Die A 49 ist eine Autobahn von Nord- nach Mittelhessen zwischen Kassel und Gießen, deren Bau seit den 1970er Jahren geplant wurde und bei der nun zwei letzte Teilstücke in Länge von 31 Kilometern zwischen Schwalmstadt und der Anschlussstelle der A5 bei Gemünden gebaut werden sollen – verharmlosend werden solche Vorhaben „Lückenschluss“ genannt. Für die Bauabschnitte sollen im Herrenwald und Dannenröder Forst etwa 85 Hektar zum Teil sehr alter Baumbestand geopfert werden, aktuell beginnen die Rodungsarbeiten. Der Bau wird zudem eine Schneise durch ein wertvolles Flora-Fauna-Habitat-Gebiet (FFH) und durch Natur- und Wasserschutzgebiete schlagen. Dagegen richtet sich verständlicherweise wachsender Protest. Die Fertigstellung der Bundesfernstraße soll bis 2024 erfolgen.

Bauherr und Eigentümer ist der Bund. Union und SPD haben das Vorhaben 2016 in den Bedarfsplänen auf Grundlage des von ihnen gefassten Bundesverkehrswegeplans 2030 gesetzlich beschlossen. Im Juli 2020 hat der Bund die Vergabe für den Bau und Betrieb der beiden neuen Autobahnabschnitte als Öffentlich-Private-Partnerschaft (ÖPP) abgeschlossen. Die Kosten des Projektes, die aus dem Bundeshaushalt beglichen werden, sind seit Ende 2019 um 355 Millionen Euro auf 1,45 Mrd. Euro gestiegen.

Das Land Hessen ist noch bis Ende 2020 in Auftragsverwaltung für den Bund tätig und führt die baulichen Maßnahmen durch. Vom 1. Januar 2021 an übernimmt der Bund die komplette Zuständigkeit, die dann maßgeblich von der hierzu gegründeten Autobahn GmbH des Bundes erfüllt wird. In den vergangenen Jahren und zuletzt im Sommer 2020 haben die höchsten Gerichte darüber entschieden, dass die Planungen für die A 49 rechtmäßig sind. An diese Sach- und Rechtsanlage ist das Land Hessen gebunden. Der Koalitionsvertrag zwischen Bündnis 90/Die Grünen und der CDU in Hessen sah sowohl 2013 als auch 2018 daher die Fertigstellung der A 49 vor.

 

Das sagen wir dazu

IN EINEM SATZ: Wir GRÜNE haben den Weiterbau der A 49 immer für falsch gehalten und halten ihn weiter für falsch. Verantwortlich ist Andreas Scheuer, er muss jetzt die Reißleine ziehen.

Wir haben uns jahrzehntelang gegen den Weiterbau dieser Bundesautobahn ausgesprochen und vor Ort dagegen protestiert. Aber die Mehrheiten in Bund und Land waren andere. Die Koalition aus CDU und FDP in Hessen hat 2012 den Planfeststellungsbeschluss, also die Baugenehmigung, erlassen. Nach drei Hitzesommern in Folge, angesichts einer sich weltweit verschärfenden Klimakrise und eines verheerenden Waldsterbens ist jedoch evident, dass es unverantwortlich ist, die Straßenbaupolitik der vergangenen Jahrzehnte auf Kosten der Umwelt immer weiter fortzusetzen, Naturräume weiter zu verkleinern und am Ende immer mehr Auto- und Lkw-Verkehr zu generieren.

Wir haben daher im Bundestag beantragt, den Weiterbau der A49 sofort zu stoppen, damit die wertvollen Bäume stehen bleiben können. Das hat die Große Koalition abgelehnt. Die Bundesregierung muss den Weiterbau der A49 sofort stoppen, die Bäume müssen stehen bleiben. Jetzt ist der allerspäteste Zeitpunkt, noch einzugreifen. Andreas Scheuer ist der Auftraggeber, er hat die Fäden in der Hand, die hessische Landesregierung nicht. Nur Andreas Scheuer kann jetzt noch die Reißleine ziehen, er darf keine vollendeten Fakten schaffen.

Es braucht jetzt einen grundlegenden Wandel in der Verkehrspolitik. Die Verkehrsplanung der Bundesregierung zementiert für die nächsten 10 Jahre zahllose Straßenprojekte und konterkariert die deutschen Klimaziele. Auch der Verkehrssektor muss einen substanziellen Beitrag zur Lösung der Klimakrise beitragen.

  1. Wir müssen raus aus dem Straßenbauwahnsinn – das ist verkehrs- und klimapolitisch überfällig. In den letzten Jahren hat der Bund doppelt so viel Geld in den Straßenbau als in die Schiene gesteckt. 2019 wurden 232 Kilometer Bundesfernstraße neu- oder ausgebaut – bei gerade einmal sechs Kilometern neue Schienenwege! Obwohl Deutschland eines der am besten ausgebauten Straßennetze der Welt hat, will die Bundesregierung diese Entwicklung fortsetzen.
  2. Wir müssen stattdessen in Verkehrswende und nachhaltige Mobilität investieren. Wenn wir die Klimaschutzziele im Verkehr erreichen wollen, müssen wir in den kommenden Jahren die Schiene im Regional- und Fernverkehr massiv ausbauen, Radschnellwege errichten und die Vernetzung umweltfreundlicher Verkehrsmittel fördern. Das entlastet die Umwelt und vermindert Stress und Stau. Wir müssen umfinanzieren: Während die Schiene seit Jahrzehnten unterfinanziert ist, wird der Straßenbau Jahr für Jahr auskömmlich ausgestattet. So hat die CSU dafür gesorgt, dass ihm unter anderem die kompletten Einnahmen aus der Lkw-Maut zufließen.
  3. Der straßenlastige Bundesverkehrswegeplan gehört in die Tonne. Mit immer längeren und breiteren Autobahnen und einer Unmenge von Ortsumgehungen, die der Bund noch immer plant und baut, wird der Erhaltungsbedarf der Straßeninfrastruktur von Jahr zu Jahr größer. Das ist weder generationengerecht und zukunftsfest. Nötig ist ein neuer Bundesverkehrswegeplan, der dem Klimaschutz Rechnung trägt. Statt immer mehr Autobahnen und Umgehungsstraßen muss der Fokus auf einem massiven Ausbau von Bus und Bahn, der Stärkung des Radverkehrs und vernetzter Mobilitätsangebote liegen. Die Planungen für Autobahnen und Bundesstraßen müssen grundsätzlich auf die Einhaltung der Klimaziele, Notwendigkeit und die Wirtschaftlichkeit überprüft werden. Bis dahin braucht es ein Moratorium für den Neubeginn von Autobahnen und Bundesstraßen.
  4. ÖPP-Vorhaben sind besonders kritisch. Bei ÖPP-Projekten übernimmt ein privater Partner Bau und Betrieb der Strecke. Der Bundesrechnungshof hat im Oktober 2018 kritisiert, dass das Bundesverkehrsministerium keinen sauberen Nachweis darüber geführt hat, dass die Öffentlich-Private-Partnerschaft billiger ist als ein Bau in staatlicher Hand. Der ÖPPVertrag, der neben der Bauleistung auch Planung, Betrieb, Erhaltung und anteilige Finanzierung beinhaltet und bei dem der Betreiber im Gegenzug Einnahmen aus der Lkw-Maut erhält, hat eine Laufzeit von 30 Jahren.

 

Das muss man wissen (Hintergrund)

Die Planungen für den Bau der A 49 gehen auf die 1970er Jahre zurück. Die ersten Abschnitte wurden in den 70er und 80er Jahren fertiggestellt. Die Verkehrspolitik in dieser Zeit folgte damals dem programmatischen Fortschrittsversprechen des Leber-Plans (nach Verkehrsminister Georg Leber, SPD), wonach „kein Deutscher weiter als 20 Kilometer von einem Autobahnanschluss leben“ solle, während bereits einige Jahre später der damalige Oberbürgermeister von München, Hans-Jochen Vogel (SPD), schon weitsichtig sagte: „Wer Straßen sät, wird Verkehr ernten.“ Leider folgt die Bundesverkehrswegeplanung bis heute eher dem „Leber-Plan“ (so listet selbst der aktuelle Bundesverkehrswegeplan noch immer 1.500 Straßenbauprojekte auf). Spätestens mit der Klimakonferenz von Rio 1992 ist jedoch klar, dass ein blind auf das Wachstum des Auto- und Lkw-Verkehrs ausgerichtetes Straßenbauprogramm nicht im Einklang mit dem Ziel der Begrenzung der Erderhitzung zu bringen ist. Die Bundesregierung hat sich 2015 in Paris zu den internationalen Klimaschutzzielen verpflichtet.

Stoppen können den Weiterbau der A 49 nur Bundestag und Bundesregierung, weil sie Bauherr sind, den Bau beschlossen und in Auftrag gegeben haben. Für den Weiterbau der A 49 sprechen sich in der Region neben der CDU auch Wirtschaftsverbände und Bürgerinitiativen aus. Für die Waldrodungen sind Ausgleichsmaßnahmen vorgesehen, die Maßnahmen zum Schutz von Grund- und Oberflächenwasser sollen die Vorgaben der EU-Wasserrahmenrichtlinie erfüllen.“

 

Weitere Informationen

Aktueller Antrag im Deutschen Bundestag gegen den Weiterbau
GRÜN SPRICHT: Wir haben uns immer gegen die A49 ausgesprochen
GRÜN SPRICHT: A49 – Alle müssen zur Deeskalation beitragen
Weiterbau der A49: Ergebnis demokratischer und rechtsstaatlicher Entscheidungen – GRÜNE haben sich immer gegen die A49 ausgesprochen
Verkehrswende statt Autobahnausbau (05.12.2019)

 

 

FAQ des hessischen Verkehrministeriums

Wer ist zuständig für den Weiterbau der A 49?
Die A 49 ist eine Bundesautobahn. Bauherr ist der Bund, das Land Hessen ist noch bis Ende 2020 in Auftragsverwaltung für den Bund tätig. Vom 1. Januar 2021 an übernimmt der Bund diese Aufgaben, die dann maßgeblich von der hierzu gegründeten Autobahn GmbH des Bundes erfüllt werden. Der Deutsche Bundestag hat die A 49 als vordringliches bzw. seit 2016 als laufendes und fest disponiertes Projekt in den Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen aufgenommen. Dieser Bedarfsplan stellt als Anlage zum Fernstraßenausbaugesetz die gesetzliche Grundlage für die Planung und den Weiterbau der A 49 dar. Der Bund als Straßenbaulastträger hat somit den gesetzlichen Auftrag, die A 49 fertig zu bauen. Das Land Hessen handelt als Auftragsverwaltung des Bundes ausschließlich in dem vom Bund vorgegebenen Rahmen. Die Planfeststellungsbeschlüsse für die beiden verbleibenden Abschnitte sind bestandskräftig und zum Teil mehrfach höchstrichterlich bestätigt worden.

Das Vorhaben gliedert sich in drei Abschnitte:

_ Neuental-Schwalmstadt (Verkehrskosteneinheit 20), 11,8 Kilometer

_ Schwalmstadt-Stadtallendorf (VKE 30), 13,3 Kilometer sowie

_ Stadtallendorf-Ohmtaldreieck (VKE 40), 17,5 Kilometer

Welche Rolle spielt das Land Hessen?
Das Land Hessen handelt bislang in Auftragsverwaltung für den Bund, verliert seine Zuständigkeit für die Autobahnen aber 2021 an die Autobahn GmbH des Bundes. Die VKE 20 ist seit 2013 im Bau (Umsetzung: Hessen Mobil). Mit der Umsetzung der beiden letzten Abschnitte ist die im Besitz des Bundes und einiger Länder befindliche Projektmanagementgesellschaft DEGES beauftragt. Derzeit laufen die letzten bauvorbereitenden Maßnahmen wie zum Beispiel Leitungsumverlegungen, vorlaufende Landschaftspflegerische Maßnahmen etc.
Wie ist der Stand der Planung, der Vergabe und des Baubeginns bei den beiden verbliebenen Abschnitten?
Die beiden letzten Abschnitte der A 49 zwischen Schwalmstadt und der A 5 bei Gemünden (VKE 30 und 40) sollen nach Wunsch des Bauherrn Bundesrepublik Deutschland in öffentlich-privater Partnerschaft realisiert werden. Bei einem solchen ÖPP-Projekt übernimmt ein privater Partner Bau und Betrieb der Strecke. Die Vergabe des ÖPP-Projektes ist mittlerweile erfolgt. Der Baube-ginn ist für 2020 vorgesehen, mit der Fertigstellung ist voraussichtlich im Jahr 2024 zu rechnen. Der ÖPP-Vertrag, der neben der Bauleistung auch Planung, Betrieb, Erhaltung und anteilige Finanzierung beinhaltet, hat eine Laufzeit von 30 Jahren.
Gab es kürzlich einen Einspruch gegen die Planfeststellung?
Der Planfeststellungsbeschluss für die VKE 40 der A 49 aus dem Jahr 2012 ist bestandskräftig, eine Klage gegen den Beschluss wurde im April 2014 durch das Bundesverwaltungsgericht abgewiesen. Es gab zuletzt zwei Anträge auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) sowie einer Privatperson. Diese wurden Ende September 2019 abgelehnt. Hiergegen gerichtete Klagen blieben erfolglos. In seinen Entscheidungen vom 23.06.2020 hat das Bundesverwaltungsgericht zwar unter Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung des EuGHs einen Fehler bei der wasserrechtlichen Prüfung erkannt. Allerdings führt dieser nicht dazu, dass der bestandskräftige und durch das Bundesverwaltungsgericht seinerzeit rechtskräftig bestätigte Planfeststellungsbeschluss in Frage gestellt werden müsste. Vielmehr bieten laut Bundesverwaltungsgericht die wasserrechtlichen Regelungen des Wasserhaushaltsgesetzes ausreichend Möglichkeiten, um gegebenenfalls Erlaubnisse anzupassen oder bei Bedarf Schutzmaßnahmen nachträglich anzuordnen. Unabhängig davon lässt die DEGES einen Wasserfachbeitrag erstellen, welcher allen aktuellen Anforderungen des Europarechts genügt.

Eine weitere Klage von drei Privatpersonen gegen den Planfeststellungsbeschluss vom 30. Mai 2012 in Gestalt des letzten Änderungsbeschlusses hat das Bundesverwaltungsgericht am 2. Juli 2020 abgewiesen. Die Inhalte der letzten Planänderung haben die Kläger nicht in eigenen Rechten berührt. Soweit die Kläger sich gegen mittelbare Beeinträchtigungen durch den Flurbereinigungsbeschluss aus dem Jahr 2017 gewendet haben, war die Klage im April 2019 verspätet.

Wie werden Anwohnerinnen und Anwohner vor Lärm geschützt?
Die Fertigstellung der A 49 verspricht eine spürbare Entlastung des nachgeordneten Netzes, ins-besondere der B 3 und B 62, und damit einhergehend eine signifikante Reduzierung der Lärm- und Luftschadstoffbelastung in den betroffenen Ortschaften. Das Projekt ist so ausgelegt (Abstän-de zur Wohnbebauung, Schutzwände, Erdwälle, Verlegung der Fahrbahn in Einschnitten), dass Lärm- und Schadstoffimmissionen auf Wohnanlagen minimiert und alle gesetzlichen Lärmschutzanforderungen eingehalten werden. Trotzdem bleibt der Bau eines neuen Autobahnabschnittes auch nach neuesten Vorschriften natürlich eine Belastung für die Landschaft und die Anwohnerinnen und Anwohner.
Könnte die Reaktivierung stillgelegter Bahnstrecken wie Kirchhain – Homberg (Ohm) eine Alternative zum Ausbau der A 49 darstellen?
Vorweg: Die Entscheidung, die Bundesautobahn 49 fertig zu bauen wurde vom Deutschen Bundestag beschlossen, von der Bundesregierung in Auftrag gegeben und in mehreren Gerichtsver-fahren bis hin zum Bundesverwaltungsgericht höchstrichterlich bestätigt. Damit hat die Erste Gewalt, der Deutsche Bundestag, das Projekt beschlossen und die nötigen Mittel freigegeben. Die Zweite Gewalt, die Bundesregierung, hat diesen Beschluss umgesetzt und das Land Hessen beauftragt, dies abzuwickeln. Die Dritte Gewalt, in diesem Fall das Bundesverwaltungsgericht, hat wiederholte Klagen gegen den Bau abgewiesen und damit den Weg zur Umsetzung freigemacht.

Die Planfeststellungsverfahren für die VKE 30 und 40 wurden durchgeführt, die Planfeststellungsbeschlüsse erlassen und im April 2014 höchstrichterlich und damit abschließend bestätigt.

An diese Sach- und Rechtsanlage wird sich Hessen selbstverständlich halten. Der Koalitionsvertrag zwischen Bündnis 90 / Die Grünen und der CDU in Hessen sah sowohl 2013 als auch 2018 daher die Fertigstellung der A 49 und der A 44 unter der Bedingung vor, dass die durchgehende Finanzierung gesichert ist. Ein nachhaltiges Verkehrssystem basiert grundsätzlich auf der intelligenten Verknüpfung aller Verkehrsmittel und Verkehrsträger.

Hessen arbeitet selbstverständlich auch daran, dass der öffentliche Nahverkehr sowie Radwege gefördert werden, das wird auf sehr vielfältige Weise getan – etwa mit dem Landesticket, dem Schüler- und dem Seniorenticket, mit neuen S-Bahn-Linien, den ICE-Neubaustrecken, einem Förderprogramm zur Reaktivierung von Schienen und Rekordmitteln in Höhe von 244 Millionen Euro bis 2024 für den Fuß- und Radwegebau.

Nach einer Untersuchung von Hessen Mobil gibt es in dem Raum keine Bahnstrecken, die sichmit vertretbarem Aufwand reaktivieren lassen und als Alternative in Frage kämen. Diese Alternativen wären im Übrigen natürlich nur Alternativen für den (Personen-) Ziel- und Quellverkehr der Region.

Wurde geprüft, ob eine Führung der A 49 über die schon teilfertiggestellten Streckenabschnitte Stadtallendorf, Marburg und Gießen besser wäre?
Bei der Planung der A 49 wurden in verschiedenen Planungsstufen zahlreiche Varianten und Al-ternativen untersucht. Dazu zählte auch eine Variante über die B 3 bei Marburg. Sie schied jedoch aus, weil sie keine Entlastung der A 5 / A 7 und des nachgeordneten Netzes bewirkt, wohl aber die B 3 im Abschnitt Marburg – Gießen überlastet hätte und im Übrigen die „Stadtautobahn“ in Marburg schon jetzt eine Belastung für sehr viele Menschen darstellt.
Wie sind die Auswirkungen auf Flora-Fauna-Habitat-(FFH) oder Naturschutzgebiete?
Die VKE 30 tangiert bzw. durchquert zwei Naturschutzgebiete, die VKE 40 durchquert das FFH-Gebiet „Herrenwald östlich von Stadtallendorf“.

Ein Teilabschnitt schneidet den Herrenwald und den Dannenröder Forst. Hier müssen Bäume ge-fällt werden. Der Großteil der Bäume sind Buchen zwischen 60 und 80 Jahren, aber es gibt auchdeutlich ältere Bäume, etwa im Dannenröder Forst. Außerdem werden Fichten (etwa ein Viertel), Kiefern, Eichen, Ahorn, Europäische Lärchen, Douglasien sowie Pappeln und Weiden gefällt. Die Genehmigung der Rodung wurde im Planfeststellungsbeschluss erteilt, da als Ausgleich inausreichendem Umfang Flächen für die Neuanlage von Wald vorgesehen sind. Vom 1. Oktober 2020 an kann mit den Fällungen begonnen werden.

Gibt es Ausgleichsmaßnahmen und wer kontrolliert die richtige Umsetzung?
Ja, neben der Neuanlage von Wald gibt es zahlreiche landschaftspflegerische Maßnahmen: Es werden zum Beispiel Laichgewässer für Amphibien angelegt oder bestehende optimiert. Außerdem werden naturnahe Laub- und Auenwälder entwickelt. Zu den Ausgleichsmaßnahmen gehören auch extensiv bewirtschaftete Wiesen für Schmetterlinge und Blühflächen für die Feldlerche.

Die Realisierung erfolgt durch die DEGES. Sie umfasst auch eine Fertigstellungs- und Entwicklungspflege, die für Landschaftsbauarbeiten in der Regel über drei Jahre und für Waldarbeiten über fünf Jahre läuft. Überprüft wird dies im Rahmen der Bauüberwachung, die von der DEGES beauftragt wird. Die Durchführung der Maßnahmen wird mit der zuständigen Oberen Naturschutzbehörde und der Oberen Wasserbehörde abgestimmt. Nach Ablauf der drei bzw. fünf Jahre sollen die Maßnahmen nach jetzigem Stand an die Autobahn GmbH des Bundes übergehen, die dann für die Durchführung verantwortlich ist.

Wie sind die Auswirkungen auf Wasserschutzgebiete?
Die VKE 30 führt durch Wasserschutzgebiete der Zone IIIB, die VKE 40 liegt innerhalb der ZonenII, III / IIIA und IIIB eines Trinkwasserschutzgebietes.

Im Rahmen der Planung und der Planfeststellungsverfahren für den Weiterbau der A 49 wurden alle bekannten Risiken sorgfältig betrachtet und letztlich beim Erlass der Planfeststellungsbe-schlüsse umfassend berücksichtigt und ausgeräumt. Das planfestgestellte Vorhaben trägt auch dem Belang des Grundwasserschutzes Rechnung.

Für alle Abschnitte des betrachteten Autobahnteilstückes sind, unabhängig von der Schutzzone und der jeweiligen Schutzstufe nach den Richtlinien für bautechnische Maßnahmen an Straßen in Wasserschutzgebieten (kurz: RiStWag), folgende Anforderungen einzuhalten:

_ wasserundurchlässige Verkehrsflächen (Beton- bzw. Asphaltdecke)

_ standfeste Befestigung der Bankette

_ Anordnung entsprechender Schutzeinrichtungen

_ Anordnung dauerhaft dichter Abwasserleitungen

In den Abschnitten, in denen die Autobahn durch ausgewiesene Trinkwasserschutzgebiete führt, erfolgt die Fassung, Ableitung und Behandlung des Straßenoberflächenwassers entsprechend den RiStWag. Dies bedeutet beispielsweise, für die Abschnitte in denen die Autobahn in den Trinkwasserschutzzonen II und III A liegt, dass das Straßenoberflächenwasser am Fahrbahnrand gefasst, mittels Leitungen weitergeführt, über Absetzbecken mit Leichtstoffrückhalt vorgereinigt, in Regenrückhalteanlagen zurückgehalten und gedrosselt im Abstrom der Brunnenanlagen in ein Oberflächengewässer geleitet werden. Hierdurch wird verhindert, dass Straßenoberflächenwas-ser versickern und in das Grundwasser gelangen kann.

Ferner wurden im Planfeststellungsbeschluss zahlreiche Nebenbestimmungen und Auflagen zum Schutz des Grundwassers und der Oberflächengewässer festgelegt.

Zum Beispiel:

_ Beteiligung der Wasserversorger und Fachbehörden bei der Ausführungsplanung

_ Räumliche Begrenzung des Baufeldes, Erhalt der natürlichen Bodenfunktionen

_ Bau der Regenrückhaltebecken vor dem Bau der Trasse

_ Bei Einbindung von Fundamenten in das Grundwasser: Anpassung der Betonrezepturen auf die speziellen Grundwasserverhältnisse und möglichst kurzzeitige Eingriffe

_ Überwachung der Wasserqualität, teilweise temporäre Abschaltung von Brunnenanlagen

_ Aufstellung von Notfallplänen für Unfälle während der Betriebsphase der Autobahn (in Abstimmung mit Fachbehörden und Wasserversorgern)

Über diese verbindlichen, die Wasserqualität sicherstellenden Vorgaben des Planfeststellungsbeschlusses hinaus hat sich das Hessische Verkehrsministerium entschlossen, einen im Einklang mit der jüngsten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs stehenden, qualifizierten Fachbeitrag zur wasserrechtlichen Prüfung der speziellen Vorgaben der Wasserrahmenrichtlinie einzuholen.

Erfüllen die wasserrechtlichen Vorkehrungen die Ansprüche der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie?
Das betrachtete Planungsvorhaben A 49, VKE 40 inkl. der zugehörigen technischen Anlagen steht in Einklang mit den materiellen Vorgaben der WRRL, vor allem auch im Hinblick auf die geplante Streckenführung durch ein Wasserschutzgebiet.

Das Vorhaben führt nicht zu einer Verschlechterung einer der nach WRRL relevanten Qualitäts-komponenten von Oberflächen- und Grundwasserkörpern. Soweit erforderlich werden alle praktisch geeigneten Maßnahmen ergriffen, um negative Auswirkungen auf den Gewässerzustand zu verhindern. Dies gilt insbesondere mit Blick auf die Lage des Vorhabens im Wasserschutzgebiet und der damit verbundenen Auflagen.

Zusätzlich kann auf die Urteile des Bundesverwaltungsgerichts zur A 49 aus dem Jahr 2020 ver-wiesen werden. Die Kläger hatten gefordert, den Planfeststellungsbeschluss wegen eines formalen Fehlers der Wasserrechtsunterlage aufzuheben. Sie monierten insbesondere, dass in den 2012 planfestgestellten Unterlagen keine Ausführungen zum in der Wasserrahmenrichtlinie verankerten Verschlechterungsverbot und Verbesserungsgebot gemacht wurden. Das dies erforderlich ist wurde im Übrigen erst im Jahr 2015 durch den EuGH in einem anderen Verfahren klargestellt. Das Bundesverwaltungsgericht sah im Hinblick auf die A 49 hierin keinen so großen Fehler, als dass ein bestandskräftiger und rechtskräftig bestätigter Planfeststellungsbeschluss in Frage gestellt werden müsste. Es stellt fest, dass die flexiblen Regeln des deutschen Wasserhaushaltsgesetzes ausreichende Möglichkeiten bieten, „um sicherzustellen, dass das Vorhaben nicht dauerhaft im Widerspruch zu den wasserrechtlichen Vorgaben des Unionsrecht steht. Gegebenenfalls können erforderliche Schutzmaßnahmen nachträglich angeordnet und die rechtlich selbständigen wasserrechtlichen Erlaubnisse angepasst oder sogar widerrufen werden.“

Das Hessische Verkehrsministerium hat sich nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts im Juni 2020 entschlossen, in einem Fachbeitrag noch einmal genau prüfen zu lassen, dass die verbindlichen, die Wasserqualität sicherstellenden Vorgaben des Planfeststellungsbeschlusses mit der jüngsten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs hinsichtlich der speziellen Vorgaben der Wasserrahmenrichtlinie im Einklang stehen.

 

 

 

Foto: alexanderjungmann@pixabay.com

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