Haushaltssatzung für die Haushaltsjahr 2022/2023

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Rede zum TOP 4: Haushaltssatzung des Lahn-Dill-Kreises für die Haushaltsjahre 2022 und 2023 mit Haushaltsplan und Investitionsprogramm 2021 – 2025 in der 6. Kreistagssitzung am 06.12.2021, gehalten von Martina Klement, Fraktionsvorsitzende Bündnis 90/ Die Grünen, Mitglied des Kreistages.

Sehr geehrter Herr Vorsitzender,
sehr geehrte Damen und Herren!

Alle Jahre wieder. Entweder der Doppelhaushalt oder der Nachtragshaushalt. Nach der 6-stündigen Sitzung des Hauptausschusses am vergangenen Donnerstag hatte ich eigentlich die Nase voll. Immer wieder die gleichen Diskussionen. Viele Anträge, die immer wieder unverändert gestellt werden. Sie werden dadurch nicht besser.

Die CDU glänzt mit 23 Änderungsanträgen. Masse statt Klasse – manche Anträge wurden, wie schon so oft, aus der Mottenkiste geholt.

Unglaublich dann der Antrag der CDU im HFWO zur Änderung der Tagesordnung: Vertagung der Haushaltsdebatte, weil der Änderungsantrag des Landrats zu spät eingegangen sei. Man habe sich nicht vorbereiten können. Zur Information für die Neuen hier im Kreistag: ein kurzfristiger Änderungsantrag des Landrats kam immer mal wieder – stets mit dem Ziel der Aktualisierung der Zahlen und der Senkung der Kreisumlage. Änderungsanträge können auch heute noch gestellt werden.

Dann die CDU-Anträge selbst: Per Saldo würden sie den Ergebnishaushalt um rund 8,0 Mio. Euro belasten. Dass der Kreis damit keine Haushaltsgenehmigung bekäme, wird geflissentlich außer Acht gelassen. Solche Anträge kann man nur als Opposition stellen.

Zum Haushalt selbst: Der Kreis ist am Limit. Ständig wachsende Aufgaben, ständig steigende Kosten. Vor allem Pflichtaufgaben. Die Gelder, die uns vom Bund und vom Land regelmäßig zur Verfügung gestellt werden, reichen nicht. Nur mit Sonderprogrammen und Sanierungshilfen wie Schutzschirm und Hessenkasse sind die Aufgaben zu stemmen. Die Decke ist einfach zu kurz.

Wir können uns bei den Städten und Gemeinden nicht einfach mit einer Erhöhung der Kreis- und Schulumlage bedienen. Die Kommunen sind am Limit. Allein die Kosten für die Kindertagesstätten bringen die Städte und Gemeinden an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit. Die Kommunen haben ihre Hebesätze für die Gewerbesteuer und die Grundsteuer in den vergangenen Jahren stetig erhöht. Eine Schmerzgrenze ist erreicht. Gerade hier im ländlichen Raum. Mehr geht hier kaum.

Die Stellungnahme der Städte und Gemeinden zum Haushalt empfinde ich in diesem Jahr als besonders dringlich. Diese Stellungnahme darf nicht als Sturm im Wasserglas abgetan werden. Wir müssen sie ernst nehmen.

Zum Haushalt selbst:

Bemerkenswert ist gleich das erste Kapitel des vorliegenden Haushaltsplans. Die Ausführungen zur Infrastruktur auf Seit 15. Ich zitiere: „Durch den Lahn-Dill-Kreis führen knapp 900 Kilometer klassifizierte Straßen. Dazu zählen Bundesautobahnen (93,55 km), Bundesstraßen (139,25 km), Landesstraßen (407,18 km) und Kreisstraßen (251,29 km).“

Schienen fehlen, Fahrradwege fehlen, Wanderwege fehlen. Mobilität wird mittlerweile doch ganz anders gedacht. Wir sind hier gespannt auf das in Auftrag gegebene Radwegekonzept, seine Vorstellung in den Fachausschüssen und letztlich seine Umsetzung.

Der Landrat sagt ja immer wieder, um den Haushalt zu verstehen reicht es im Wesentlichen, den Vorberichtdurchzuarbeiten. Das habe ich wie immer getan und es fiel auf, dass bei den Herausforderungen wie immer der demografische Wandel und die Digitalisierung genannt werden. Neu hinzugekommen ist die Corona-Pandemie. Die Klimakrise wird mit keiner Silbe erwähnt. Ganz im Gegenteil.

Auf der Seite 57 finden wir Ausführungen zu den freiwilligen Leistungen. Die Aufsichtsbehörde hat die Gesamtsumme der freiwilligen Leistungen auf 2,0 Mio. € beschränkt. Die Grenze haben wir in den vergangenen Jahren stets eingehalten. Anders in 2022 und 2023. Die freiwilligen Leistungen belaufen sich in 2022 auf 2,6 Mio. € und in 2023 auf 2,5 Mio. €. In beiden Planungsjahren reißen wir die Latte deutlich. Die Obergrenze kann erstmals nicht eingehalten werden.

Und der Gipfel:

Maßgeblich für die Überschreitung seien die Bereiche erneuerbare Energien und Klimaschutz sowie Mobilitätsmanagement. Diese Projekte wurden in der Vergangenheit gefördert und müssen jetzt komplett durch den Lahn-Dill-Kreis getragen werden.

Bemerkenswert! Da hat man einen Schuldigen gefunden, nämlich die Grünen. Und die Bürgermeister nehmen diesen Ball auch gleich auf. Sie fordern, dass klar zwischen Pflichtaufgaben und freiwilligen Aufgaben unterschieden wird.

Ich zitiere mal aus der gemeinsamen Stellungnahme der Bürgermeister und Bürgermeisterinnen:

„Wir respektieren, dass der Kreis sein Aufgabenspektrum im Bereich Mobilität und Umweltschutz erweitert und ausweislich der Koalitionsvereinbarung … entsprechende Schwerpunkte setzt. Allerdings kann dies nicht zu Lasten der Städte und Gemeinden … gehen, wenn der Mehrwert für die Kommunen nicht klar und eindeutig messbar ist.“

Da staune ich doch sehr. Die Städte und Gemeinden haben unseren Klimaschutzmanager Ingo Dorstendoch über Jahre hinweg ausgesprochen positiv erlebt. Sie haben sich von ihm beraten und inspirieren lassen. Sie haben mit ihm Geld gespart.

Außerdem: Bei anderen Produkten werden im Haushalt auch die damit zusammenhängenden Erträgeaufgeführt. Hier nicht. Die Einbeziehung von Energieersparnissen hätte zu deutlich anderen Zahlen geführt.

Bemerkenswert ist auch, dass die Bereiche Klimaschutz und Mobilität zu den freiwilligen Leistungen gezählt werden. Klimaschutz ist schlicht eine existentielle Notwendigkeit, die viele immer noch nicht an ersten Stelle sehen.

Sehr bescheiden nehmen sich im Übrigen die 1,5 Stellen im Bereich Klimaschutz aus gegenüber den 19 neuen Stellen im Gesundheitsamt, den 14 neuen Stellen für den Digitalpakt Schulen und die 11 neuen Stellen für die Schulmediotheken. Bemerkenswert, dass hier weder von den Kommunen noch von der Opposition Kritik geäußert wurde. Ich zumindest habe bei den gewaltigen Stellenmehrungen kräftig geschluckt und viele Fragen gestellt. Vielen Dank dafür, dass meine Fragen ernsthaft und zufriedenstellend beantwortet wurden.

Fragen haben wir übrigens auch gestellt zu den deutlichen Mehrkosten für den Neubau der Käthe-Kollwitz-Schule. 20,25 Mio. Euro sollten es noch vor einem Jahr sein. Jetzt stehen im Investitionshaushalt 30,5 Mio. €. Um die Häfte mehr! Sicher – erhebliche Baukostensteigerungen gibt es überall, aber das erschien uns dann doch recht üppig. Begründet wurde die Steigerung dann im Bauausschuss mit einem aufwändigen Entwässerungssytem für den Neubau, neuen Raumkonzepten, neuen Schulzweigen und schließlich mit einem Puffer für mögliche Kostensteigerungen. Beschlossen wird der Mehrbedarf mit diesem Haushalt noch nicht und wir werden hier ganz genau hinschauen müssen. Schließlich tragen die Städte und Gemeinden des Lahn-Dill-Kreises über die Schulumlage die Kosten und wir wissen, dass sie finanziell bereits jetzt an ihren Grenzen sind. Die 30,5 Mio. Euro die jetzt im Investitionsprogramm stehen sind meines Erachtens weder ein gutes Signal an die Kommunen noch ein gutes Signal an die Schulleitung.

Die Goetheschule ist auch deshalb so schön geworden, weil es sehr begrenzte Haushaltsmittel gab, die zur Sparsamkeit zwangen und weil Verwaltung, Schule und Architekt*innen immer eng und sehr gut zusammengearbeitet haben. Frau Weber, die Leiterin der Schulbauabteilung, konnte am Tag der Einweihung der Goetheschule ihrer Abteilung sagen: „Ich bin stolz auf euch.“ Das freut mich und genau das wünsche ich mir auch für die Käthe-Kollwitz-Schule.

Ich habe am Anfang gesagt, dass die Gelder, die uns von Bund und Land für die vielen Pflichtaufgaben zur Verfügung gestellt werden einfach nicht reichen, weil die Aufgaben immer größer und immer mehr und immer teurer werden. Das ist leicht gesagt und wir haben es schon oft gesagt.

Wir müssen uns auf allen Ebenen fragen, ob das der richtige Weg ist?
Wir müssen uns fragen, in welcher Gesellschaft wir leben wollen.
Wie wollen Alte leben?
Wie wollen Pflegebedürftige leben?
Wie wollen Kinder leben?
Wie wollen Erwachsene leben?

Demografischer Wandel heißt, wir werden weniger und wir werden älter.
Die Kosten für Krankheit und Pflege werden steigen.
Wie soll das alles bezahlt werden?

Das Rentensystem ist nicht zukunftsfähig. Gut vorstellbar, dass FFF künftig auch für ihre Altersversorgung auf die Straße gehen. Die nachfolgende Generation wird die Renten nicht mehr bezahlen wollen, weil sie sie schlicht nicht mehr bezahlen kann.

Vorausschauende Politik ist gefragt.
Politik, die nur bis zur nächsten Wahl denkt, hilft hier nicht weiter.
Eine Klientelpolitik hilft ebenfalls nicht weiter.
Wir müssen innehalten und uns den Zukunftsfragen stellen.
Es muss ein Denken im Prozess stattfinden.
Wir brauchen ein Nachdenken in den Parteien und zwischen den Parteien.

Und wir brauchen Medien, die mit diesem Nachdenken zwar kritisch aber nicht spöttisch umgehen.

Ich wünsche mir, dass dieses Nachdenken wirklich überall stattfindet – vor allem in der neuen Koalition und in der neuen Opposition auf Bundesebene.

In so einer Haushaltsrede kann man natürlich noch viel sagen. Ich kann all das aufzählen, was geleistet wurde und was geleistet werden soll. – aber das spar ich mir. Vieles wurde ja bereits gesagt.

Eines aber möchte ich mir nicht sparen – und das ist der Dank an Herrn Koob und seine Mannschaft, die diesen Haushalt aufgestellt hat und der Dank an die Verwaltung, die den Laden hier am Laufen hält. Danke!

Wir werden diesem Haushalt zustimmen.

Vielen Dank.


*Den Entwurf des Haushaltsplans des Lahn-Dill-Kreises für die Jahre 2022/2023 finden Sie/ findet ihr hier.

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