Rede zur Corona-Pandemie-bedingten Einführung des Wechselunterrichts an den Schulen des Lahn-Dill-Kreises, in der 35. Kreistagssitzung am 07.12.2020, gehalten von Sebastian Brockhoff, Bündnis 90/ Die Grünen, Mitglied des Kreistages.
Sehr geehrte Frau Vorsitzende,
sehr geehrte Damen und Herren,
Land auf, Land ab ist Corona DAS Thema. Und das ist es auch in den Schulen!
Die Erfahrungen und auch die Nachwirkungen aus den Schulschließungen im Frühjahr, werden noch lange nachhallen. Viele Schüler*innen haben durch die Komplettschließungen ihre Bezugspersonen, ihre Tagesrhythmen und den inhaltlichen Anschluss verloren.
Die Auswirkungen dieser Schulschließungen können Ihnen alle, die in Schulen arbeiten bestätigen, Jede/r hat dabei ihre/seine ganz persönlichen Geschichten und Erfahrungen gemacht. Und es wird noch heute daran gearbeitet, diesen Auswirkungen gerecht zu werden und sie abzumildern.
Deshalb, und da sind wir uns sicher einig, gilt und galt es, erneute flächendeckende Schulschließungen wenn irgend möglich zu verhindern.
Die Situation in den Schulen war nach den Ferien, nachdem alle wieder kommen durften, eine andere, als vor der Schließung – auch das wird ihnen jede/r bestätigen können. Während überall Abstandregeln eingehalten werden mussten, überall das Tragen von Mund-Nasenbedeckungen aus gutem Grund verpflichtend war, stellten unsere Bildungseinrichtungen eine Ausnahme dar.
Volle Klassen! Keine Abstände und keinerlei Schutz für Schüler*innen und Lehrer*innen. Auch dies aus zumindest – meist – nachvollziehbaren Gründen.
Auch schon zu Beginn des Schuljahres gab es etliche Stimmen, die sich für die sofortige Einführung des Wechselmodells ausgesprochen haben. Auf Seiten der Schüler*innen, der Lehrer*innen, der Eltern und der Schulleitungen. Viele hätten es sich bereits damals gewünscht. Auch ich! Solange die Infektionszahlen sich in vertretbaren Rahmen hielten, war die Beschulung im gesamten Klassenverbund im Sinne des Bildungserfolges der Schüler*innen auch in Ordnung. Allerdings gibt es noch wichtigeres als Bildung.
Und zwar die Gesundheit der Menschen. Diese muss im Vordergrund stehen. Ohne diese kann Bildung nicht gelingen! Auch da sind wir uns sicher einig! Ohne Gesundheit ist alles nichts. Mit dem kontinuierlichen Anstieg der Infektionszahlen in den vergangenen Wochen stiegen auch die Ängste in den Schulen. Angst vor der Erkrankung einerseits und Angst davor, andere anzustecken andererseits. Lernen in Angst funktioniert aber nicht! Wenn unsere Lernenden und unsere Lehrenden sich nicht sicher fühlen, dann funktioniert der beste Präsenzunterricht nicht.
In dieser Zeit wurde durch das Staatliche Schulamt und den Kreisausschuss die Entscheidung getroffen, in das sogenannte Wechselmodell zu gehen. Dieses Wechselmodell sorgt dafür, dass Schüler*innen weiter in die Schulen gehen können. Und zwar mit größerer Sicherheit – oder zumindest einem größeren Sicherheitsgefühl. Das Wechselmodell soll eine erneute flächendeckende Schließung der Schulen verhindern.
Wir im Lahn-Dill-Kreis haben mittlerweile gut digital ausgestatte Schulen, die es uns in weiten Teilen ermöglichen, einen effektiven Wechselunterricht anzubieten. Wir können Schüler*innen, die sich eigene Geräte nicht leisten können, iPads leihen, die es diesen Schüler*innen ermöglichen, ebenfalls vollumfänglich am Distanzunterricht teilzunehmen.
Verstehen Sie mich bitte nicht falsch, diese Art von Schule ist weit von einem Ideal entfernt. Natürlich wäre eine normaler Schulbetrieb für alle das Beste. Aber wir erleben momentan nun einmal keine normalen Zeiten. Natürlich können die digital erreichten Lernerfolge, die inhaltlichen, aber auch die sozialen, nicht mit einem normalen Schulbetrieb verglichen werden. Natürlich gibt es Schüler*innen, denen die schulische Struktur fehlt, die sich nicht selbstständig aufraffen können oder die einfach schlichtweg mit der Situation überfordert sind. Es gehört auch dazu, dass die Lehrkräfte und Schulleitungen an unseren Schulen auf dem Zahnfleisch gehen. Die Belastungen, die durch diesen Distanzunterricht entstehen, sind gravierend. Und auch die Eltern werden erneut durch diese veränderte Form von Schule belastet, zumindest diejenigen, die Eltern von Kindern sind, die betreut werden müssen – ja, es gibt auch Kinder in der 7. Und 8. Klasse, die betreut werden müssen.
Das alles ist allen handelnden Personen bekannt. Und dennoch halten wir die Einführung des Wechselunterricht für sinnvoll und aktuell auch dringend geboten.
Ohne gesunde Beteiligte kann Schule nicht funktionieren. Ohne Gesundheit und auch einem Gefühl von Sicherheit brauchen wir uns über Lernerfolge nicht zu streiten. Daher wollen wir mit diesem Antrag den Kreisausschuss, aber auch das Staatliche Schulamt in dieser schwierigen Entscheidung bestärken! Es war die einzig richtige Entscheidung. Auch wenn sie große Probleme mit sich bringt. Ein „Augen zu und durch“ kann nicht funktionieren.
Wir stehen in Verantwortung für alle, die in Schule lehren und lernen. Dieser Verantwortung wurde nachgekommen und dies möchten wir wertschätzen.
Wir bitten um Zustimmung zu unserem Antrag!
Vielen Dank.