Koalitionsvereinbarung

Zwischen SPD, FWG, Bündnis 90/DIE GRÜNEN und FDP für die Legislaturperiode 2016 bis 2021

 

Präambel

Die Fraktionen von SPD, FWG, Bündnis 90/Die Grünen und FDP im Kreistag verpflichten sich zu einer vertrauensvollen Zusammenarbeit im Interesse der Menschen im Lahn-Dill-Kreis. Sie streben eine konstruktive und faire Kooperation mit allen Akteuren innerhalb und außerhalb der Gremien und der Verwaltung des Kreises an.

SPD, FWG, Bündnis90/Die Grünen und die FDP sind sich einig, dass es Aufgabe der Kreispolitik sein muss, den Lahn-Dill-Kreis gemeinsam mit den Städten und Gemeinden als einen familienfreundlichen, attraktiven Lebens-, Wirtschafts- und Bildungsstandort nachhaltig zu erhalten und weiter zu entwickeln. Im Wissen um die schwierige Haushalts- und Finanzsituation des Kreises, die Auflagen und Bedingungen des Schutzschirmvertrages und der Kommunalaufsicht zur Haushaltskonsolidierung, die Zuwanderung durch geflüchtete Menschen sowie um die Auswirkungen des demographischen Wandels wollen die Koalitionspartner eine innovative und zukunftsorientierte Politik gestalten.

SPD, FWG, Bündnis 90/Die Grünen und FDP haben in bundes- und landespolitischen Fragen zum Teil unterschiedliche politische Ziele und Grundüberzeugungen. Die Fraktionen haben jedoch im Interesse der Handlungsfähigkeit des Lahn-Dill-Kreises zusammengefunden und vereinbaren, sich auf die Politik- und Handlungsfelder zu konzentrieren, in denen der Lahn-Dill-Kreis Handlungs- und Entscheidungskompetenz besitzt.

Der Lahn-Dill-Kreis ist der am stärksten industrialisierte Landkreis in Hessen. Die Koalitionspartner wollen durch ihre kommunalpolitische Arbeit dazu beitragen, diesen Wirtschaftsstandort und die damit verbundenen Arbeitsplätze zu stärken und zukunftsfähig auszubauen.

1. Finanzen, Wirtschaft und Verkehr

1.1  Die Sicherung einer langfristig stabilen Haushaltslage und die Einhaltung des Konsolidierungspfades des Schutzschirmvertrages haben für die Entscheidungen des Lahn-Dill-Kreises in den nächsten fünf Jahren höchste Priorität. Wir wollen die Schutzschirmvereinbarung mit dem Land Hessen vorzeitig beenden, in dem wir die Haushalte 2015, 2016 und 2017 im Jahresabschluss ausgleichen. Die Haushaltskonsolidierung des Lahn-Dill-Kreises ist zugleich ein Beitrag zur Berechenbarkeit der Umlagebelastungen der kreisangehörigen Städte und Gemeinden und liegt damit im unmittelbaren Interesse der Bürgerinnen und Bürger des Lahn- Dill-Kreises.

1.2  Bei der Prioritätensetzung der Aufgaben des Lahn-Dill-Kreises hat die ordnungsgemäße Erfüllung der Aufgaben, deren Verletzung straf- oder zivilrechtliche Haftungsrisiken in sich bergen, höchste Priorität.

1.3  Sanierungsmaßnahmen im LDK-Haushalt sind strukturell und langfristig anzugehen. Alle Leistungen sind auf Ihre Kosteneffizienz hin zu untersuchen. Dort, wo der Lahn-Dill-Kreis gemäß vergleichender Prüfung des Landesrechnungshofes fallbezogen gleiche Leistungen zu überdurchschnittlichen Kosten erbringt, sind die Kosten zu prüfen mit dem Ziel, sie auf den Landesdurchschnitt zu senken.

1.4  Neben dem Aufwand für die Leistungsgesetzgebung und den gesetzlichen Umlageverpflichtungen des Lahn-Dill-Kreises stellen die Personalkosten eine der großen Aufwandspositionen dar. Die derzeitige Personal- und Versorgungsaufwandsquote beträgt 16,76% des Ergebnishaushalts. Stellenplanveränderungen haben langfristige finanzielle Auswirkungen. Im Hinblick darauf sind grundsätzlich alle notwendigen neuen Stellen, auch solche die z. B. im Zuge der Flüchtlingsbetreuung geschaffen werden, zunächst zu befristen. Ziel muss es sein, die dauerhafte Schaffung von neuen Stellen durch den Wegfall von Stellen in anderen Sach- gebieten zu kompensieren.

1.5  Der Lahn-Dill-Kreis beschränkt sich auf seine Kernaufgaben und verzichtet darauf, in neuen Geschäftsfeldern als Wirtschaftsakteur mit Gewinnerzielungsabsicht aufzutreten.

1.6  Eigenbetriebe und Beteiligungen werden regelmäßig auf die Erfüllung ihres Betriebszweckes überprüft.

1.7  Die Koalition strebt an, die kombinierte Hebesatzbelastung für die Kreis- und Schulumlage gegenüber den kreisangehörigen Städten und Gemeinden auch nach dem Doppelhaushalt 2016/2017 auf dem derzeitigen Niveau beizubehalten. Ziel muss es sein, dass die Kreis- und Schulumlage zusammen einen Hebesatz von 53 Prozentpunkten nicht überschreitet.

1.8  Die Förderung des Ehrenamts behält im Lahn-Dill-Kreis ihren hohen Stellenwert, etwaige zusätzliche finanzielle Spielräume werden insbesondere zur stärkeren Förderung des Ehrenamts genutzt. Es bleibt bei dem Verzicht auf Hallennutzungs- und ähnlichen Gebühren.

1.9  Bei allen politischen Entscheidungen müssen die Erfordernisse unserer besonderen Wirtschaftsstruktur und die damit verbundenen Auswirkungen auf die Arbeitsplätze angemessen berücksichtigt werden.

1.10  Im Bereich der Wirtschaftsförderung, Verbesserung der Infrastruktur und Sicherung der Arbeitsplätze setzt der Lahn-Dill-Kreis folgende Schwerpunkte:

a)  Weiterentwicklung einer flächendeckenden attraktiven Breitbandversorgung zur Sicherung des Wirtschaftsstandortes.

b)  Förderung der Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur im Straßen- und Bahnbereich:

  • In diesem infrastrukturellen Bereich sollen Investitionen vorrangig in die Sanierung der Kreisstraßen fließen.
  • Anhand einer aktuell zu erstellenden Prioritätenliste sollen die Kreisstraßen, die sich nach der Prioritätenliste in schlechtem Zustand befinden, bis 2021 instandgesetzt sein.
  • Vor einer Abstufung von Kreisstraßen auf innerörtliche Straßen sollen nach Abstimmung mit den beteiligten Städten und Gemeinden deren Auswirkungen gesamthaft, insbesondere auf Bus- und Lieferverkehre überprüft werden.
  • Die Linienbündel des ÖPNV sollen weiterhin schwerpunktmäßig am integrierten Schülerverkehr ausgerichtet sein. Zu prüfen ist, in welchem Umfang die Bedarfe von Berufspendlern noch mehr Berücksichtigung finden können.
  • Der Lahn-Dill-Kreis wird verstärkt prüfen, in welchem Umfang alternative Verkehrskonzepte im ÖPNV wirtschaftlich implementierbar sind.

c)  Unterstützung und Förderung der Vernetzung von Radwegen zwischen und in Gemeinden.

1.11  Unterstützung von Maßnahmen zur Qualifizierung und Gewinnung von Fachkräften.

1.12  Intensivierung der Kooperation mit den Wirtschaftsförderern der Städte und Gemeinden, der IHK, der Kreishandwerkerschaft und der Handwerkskammer Wiesbaden sowie der interkommunalen Kooperation im Rahmen von „MitteHessen“. Der Dialog mit Verbänden, z.B. Branchen- und Arbeitgeberverbände, den Gewerkschaften sowie weiteren Akteuren der Wirtschaft an Lahn und Dill soll weiterhin verstärkt gesucht werden.

1.13  Der Tourismus im Lahntal, Westerwald und Taunus bietet wirtschaftliche und kulturelle Chancen und ist vom LDK in enger Kooperation mit den Städten und Gemeinden weiter zu fördern und zu unterstützen.

2. Bildung

Beste Bildung ist Voraussetzung für größtmögliche Entwicklungschancen und damit die Voraussetzung für die Nutzung von Startchancen. Das gilt für Kinder im Kindergartenalter ebenso wie für Schülerinnen und Schüler wie auch für Erwachsene. Bildung ist ein wesentlicher Standortfaktor. Dem Erhalt und dem Ausbau eines zeitgemäßen Angebotes kommt eine besondere Bedeutung zu.

2.1  Auch in Zukunft soll ein wohnortnahes Schulangebot gesichert werden.

2.2  Die Fortschreibung des Schulentwicklungsplans für allgemeine allgemeinbildende Schulen und die Förderschulen wird zügig vorangetrieben. Er soll grundlegende Qualitätsstandards für die einzelnen Schulformen enthalten. Im südlichen Lahn-Dill-Kreis wird die Wetzlarer gymnasiale Oberstufe (Goethe-Schule) als die einzige allgemeinbildende Oberstufe nach der Sekundarstufe I beibehalten. Sie ist gehalten, dafür zu sorgen, dass die angestrebte (atmosphärische und stützende) Öffnung für alle Schülerinnen und Schüler, die das Abitur ablegen wollen, erreicht wird.

2.3  Die Anzahl der Schüler und Schülerinnen ohne Schulabschluss soll in den nächsten Jahren weiter gesenkt werden.

2.4  Das Projekt „Schulzentrum Wetzlar Frankfurter Straße“ wird umgesetzt.

2.5  Das Schulbauinvestitionsprogramm „Bildung 2020“ wird fortgesetzt. Zu den seit 2009 in den Schulbau investierten Mitteln in Höhe von mehr als 260 Mio. Euro kommen in den nächsten Jahren bereits in den Haushalten eingeplante ca. 120 Mio. Euro hinzu. Damit machen die Investitionen in Bildung bzw. in den Schulbau, den mit weitem Abstand größten Anteil der Kreisinvestitionen aus. Auf der Grundlage dieses Investitionsprogramms wird im engen Dialog mit den Schulen und den Städten und Gemeinden ein „Investitionsplan 2025“ bis zum Jahre 2018 formuliert werden. Bei der Prüfung von Sanierung und Neubau von Schulen sind pädagogische, demografische, bauliche und wirtschaftliche Gegebenheiten zu berücksichtigen. Energetische Sanierungen sind Bestandteile der Baumaßnahmen und werden weiterhin nach wirtschaftlichen Kriterien umgesetzt.

2.6  Die Optimierung der Ausstattung, insbesondere die der Naturwissenschaften und der Informationstechnologie, wird verstärkt fortgesetzt.

2.7  Der Ausbau der Betreuungs- und Ganztagesangebote an unseren Schulen wird weiterhin zielorientiert fortgesetzt. Das Landesprogramm „Pakt am Nachmittag“ wird unter Beibehaltung der bewährten Strukturen, auf der Basis der Kreisrichtlinien zu betreuten Grundschulen und Ganztagsprogrammen, eingeführt.

2.8  Die Kooperationen zwischen allgemeinbildenden und beruflichen Schulen sowie mit Unternehmen, Gewerkschaften und Verbänden sollen erweitert werden, um die Berufsorientierung und den Übergang von Schule zu Ausbildung zu optimieren.

2.9  Vorschulische Bildung und Frühförderung sind wesentlicher Bestandteil der Bildungspolitik im Lahn-Dill-Kreis. Dazu gehören gut ausgebildete Erzieherinnen und Erzieher sowie eine enge Kooperation zwischen Grundschulen und Kindertagesstätten. Das braucht eine

  • Intensivierung des Fortbildungsangebotes für Erzieherinnen und Erzieher mit Blick auf frühkindliche Förderung (u.a. Förderung der Sprachkompetenz) und eine
  • Förderung verbindlicher Kooperationen zwischen Grundschulen und Kindertages- stätten (z.B. „Tandems“) – ausgerichtet an den Erfordernissen des Bildungs- und Erziehungsplanes 0 – 10 Jahre.

2.10  Unter dem Aspekt des lebensbegleitenden und lebenslangen Lernens wird der Lahn-Dill- Kreis als Standort der Beruflichen Bildung, der Weiterbildung, der Erwachsenenbildung und als Hochschulstandort weiterentwickelt. Ziel ist es, eine bestmögliche Vernetzung der auf diesem Gebiet tätigen Institutionen zu erreichen, um so ein finanzierbares und inhaltlich optimales Angebot zu sichern.

  • Mit der systematischen Entwicklung einer „Bildungslandschaft Lahn-Dill“ soll eine bedeutsame Säule der Kreisentwicklung geschaffen werden, die alle lokalen und regionalen Bildungseinrichtungen und -angebote verknüpft, verbessert und zukunftsfähig gestaltet.
  • Die Lahn-Dill-Akademie ist, in enger Kooperation mit der Volkshochschule Wetzlar, zu stärken, nicht zuletzt um die Integration insbesondere von Flüchtlingen und die politische Erwachsenenbildung erfolgreich gestalten zu können.
  • Die dualen Studiengänge der Technischen Hochschule Mittelhessen in Wetzlar (Studium Plus) sind ein wesentliches Element der Bildungslandschaft Lahn-Dill und damit ebenfalls ein zentraler Standortfaktor. Der Bestand und die Weiterentwicklung der Studiengänge werden vom Lahn-Dill-Kreis auch zukünftig gefördert.

2.11  Die Einführung eines Schülertickets für alle Schülerinnen und Schüler durch die Landesre- gierung wird seitens des Kreises aktiv unterstützt, soweit dies ohne finanzielle Mehrbelastung des Kreises darstellbar ist. Das Konnexitätsprinzip ist einzuhalten.

3. Energiepolitik

Eine zukunftsfähige, bezahlbare, wirtschaftliche, versorgungssichere und naturverträgliche Energiepolitik ist für den Lebens- und Wirtschaftsraum Lahn-Dill von zentraler Bedeutung.

3.1  Die Energie- und Klimaschutzpolitik des Lahn-Dill-Kreises setzt neue Akzente. Sie wird sich auf die unmittelbar vom Kreis im Zusammenwirken mit den Kommunen, den Verbänden und den Bürgerinnen und Bürgern zu beeinflussenden Bereiche und die Aufgaben Energie- effizienz und Energiesparen konzentrieren.

3.2  Bei kreiseigenen Immobilien führt der Lahn-Dill-Kreis energetische Maßnahmen nach Maßgabe von Wirtschaftlichkeit und Energieeffizienz durch. Bei vergleichbarer Wirtschaftlichkeit soll der Energieträger zum Einsatz kommen, der eine geringere CO2-Emmission verursacht.

3.3  Für die Versorgung mit elektrischer Energie nutzt der Lahn-Dill-Kreis soweit möglich seine eigenen Anlagen. Darüber hinaus benötigter Strom wird weiterhin am Markt unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit eingekauft. Bei vergleichbarer Wirtschaftlichkeit wird Strom aus erneuerbaren Energien bezogen.

3.4  Der Lahn-Dill-Kreis unterstützt die Städte und Gemeinden, die Betriebe und Institutionen sowie die Bürgerinnen und Bürger bei ihren Vorhaben bezüglich Energieeffizienz und Energieeinsparung. Diese Beratung wird technologieneutral unter den Gesichtspunkten Wirtschaftlichkeit, Energieeffizienz und Minderung der CO2-Emmission durchgeführt.

3.5  Als Miteigentümer von Stromnetzen betont der Lahn-Dill-Kreis seine Verantwortung für die Versorgungssicherheit der Bevölkerung und der heimischen Industrie mit elektrischer Energie.

3.6  Das Energie- und Klimaschutzkonzept wird unter den Gesichtspunkten Energieeffizienz, Energieeinsparung und Wirtschaftlichkeit überarbeitet. Die Umsetzung wird sich auf solche Maßnahmen konzentrieren, die der Lahn-Dill-Kreis unmittelbar beeinflussen kann. Ein so verstandenes Energiemanagement wird Kostenvorteile für alle Energie nutzenden Akteure bringen.

4. Umwelt- und Naturschutz

Der Natur- und Tierschutz genießt in der Koalition einen hohen Stellenwert.

4.1  Der Lahn-Dill-Kreis unterstützt die intensive Zusammenarbeit von Naturschutzverbänden, Kommunen, Land- und Forstwirtschaft sowie Jagdtreibenden und strebt einen fairen Ausgleich zwischen den unterschiedlichen Interessen an. Der Land- und Forstwirtschaft kommt dabei in Bezug auf den Erhalt der Kulturlandschaft eine wichtige Rolle zu.

4.2  Der Lahn-Dill-Kreis unterstützt nach Kräften die heimische Land- und Forstwirtschaft.

4.3  Die Koalition setzt sich für einen ökologisch guten Zustand der Gewässer und einen naturnahen Hochwasserschutz ein. Es ist notwendig, die vorhandenen Strukturen und die bereits betroffenen Maßnahmen des stationären Hochwasserschutzes (z.B. Aartalsperre) und des mobilen Hochwasserschutzes (Feuerwehr/ Katastrophenschutz) weiter zu begleiten und den Veränderungen oder Gefahrensituationen anzupassen (Hochwasserschutz-Konferenz, Hochwasser-Beauftragter).

4.4  Am verursachergerechten Abfallgebührenmodell wird festgehalten und die Gebührenzahler werden an guten wirtschaftlichen Ergebnissen durch Senkung der Abfallgebühren beteiligt. Die Reduzierung der Müllmengen bzw. des Müllaufkommens im Lahn-Dill-Kreis wird weiterhin vorangetrieben. Dabei wird das bestehende Modell mit Blick auf Mietwohnungen weiterentwickelt. Die kostenneutrale Einführung der Wertstofftonne wird angestrebt.

5. Soziales

Soziales, Arbeit, Integration, Kinder- und Jugendhilfe – Alle Aktivitäten sehen sich in der Grundvoraussetzung, den sozialen Rechtsstaat kommunal zu gestalten und den Bürgerinnen und Bürgern ein selbstbestimmtes und menschenwürdiges Leben zu ermöglichen. Wo individuelle oder gemeinschaftliche Selbsthilfe nicht möglich ist oder nicht ausreicht, ist den Menschen, die der Hilfe bedürfen, so weit wie möglich Hilfe zur Selbsthilfe zu geben.

5.1  Die Koalition strebt ein zwischen dem Lahn-Dill-Kreis und den kreisangehörigen Städten und Gemeinden abgestimmtes Integrationskonzept an, das neben einer dezentralen Unterbringung von geflüchteten Menschen und deren beruflicher Qualifizierung auch die Vermittlung unserer Sprache sowie der Grundwerte unseres Grundgesetzes vorsieht. Integration von geflüchteten Menschen und derer, die schon lange in unserer Region leben, ist eine Schwerpunktaufgabe. Dieser Integrationsaufgabe wird sich der Kreis gemeinsam mit den Städten und Gemeinden, freien Trägern und Initiativen auf allen denkbaren Ebenen stellen. Ehrenamtliche Helfer und ehrenamtliche Netzwerke leisten hier bereits eine besonders wertvolle Arbeit, die nachhaltig unterstützt werden soll. Flüchtlinge willkommen zu heißen, bedeutet nicht nur, deren Grundbedürfnisse zu sichern, sondern auch ihre Verantwortung für die aufnehmende Gesellschaft zu stärken. Die Koalition vereinbart die Einrichtung eines Beirates auf Kreisebene (siehe WIR-Programm des Landes Hessen), um die maßgeblichen Haupt- und ehrenamtlichen Akteure der Integrationsaufgabe konzeptionell zu vernetzen und deren konkrete Tätigkeit zu unterstützen. Alle neuen Stellen, die zur Bewältigung der Integrationsaufgabe noch geschaffen werden müssen, werden, soweit möglich, grundsätzlich befristet.

5.2  Menschenwürde, Selbstbestimmung sowie Selbständigkeit im Alter sollten insbesondere auf kommunaler Ebene verwirklicht werden. Daher wird die leistungsfähige Infrastruktur der Altenhilfe, ambulant vor stationär, bedarfsorientiert weiter ausgebaut. Die Beratungsstelle für ältere Menschen und der Pflegestützpunkt sind positive Bausteine. Das Angebot der kreiseigenen Altenpflegeschule wird ansprechend und bedarfsgemäß weiterentwickelt, wobei eine Kooperation in Abstimmung mit der Krankenpflegeschule der Lahn-Dill-Kliniken GmbH angestrebt werden soll. Selbstbestimmung im Alter bedeutet die Möglichkeit, in der eigenen Wohnung bleiben zu können, und umfasst eine Infrastruktur, die ein selbständiges Bewegen sowohl im öffentlichen, als auch privaten Raum zulässt. Barrierefreiheit in allen Lebensbereichen ist daher anzustreben. Gemeinsam mit den kreisangehörigen Städten und Gemeinden sowie Trägern im Bereich des sozialen Wohnungsbaus und, soweit möglich, mit privaten Bauherren soll auf die Schaffung von barrierefreiem Wohnraum hingewirkt werden. Für Menschen, die nicht mehr in ihrer eigenen Wohnung leben können, werden qualifizierte stationäre Betreuungen gefördert. Einrichtungen der Tagespflege können pflegende Familienangehörige entlasten.

5.3  Mit Kindern, Jugendlichen und Familien wird die Zukunft unseres Kreises gestaltet. Kommunale und freie Träger der Kinder-und Jugendhilfe wirken in Netzwerken zusammen und arbeiten im Jugendhilfeausschuss partnerschaftlich auf Augenhöhe. Sozialarbeit an Schulen und frühe Hilfen, wie z.B. Familienhebammen und Initiativen gegen häusliche Gewalt, bilden unverzichtbare Mosaiksteine. Der Lahn-Dill-Kreis unterstützt die kreisangehörigen Städte und Gemeinden bei der Sicherstellung eines hochwertigen und bedarfsgerechten Angebotes der Kinderbetreuung. Die Weiterentwicklung eines familienfreundlichen Landkreises führt auch zum Zuzug jüngerer Familien. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist ein zentrales Anliegen unserer Zusammenarbeit. Im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten des Kreises soll die Arbeit von Familieneinrichtungen, Verbänden und Beratungsstellen erhalten und ausgebaut werden.

5.4  Die Arbeitslosigkeit ist dank einer guten wirtschaftlichen Situation, der demografischen Entwicklung und der engagierten Arbeit der Agentur und des Kommunalen Jobcenters spürbar zurückgegangen. Die Option für ein rein kommunal getragenes Jobcenter wird als Erfolgsmodell ausdrücklich bestätigt. Als Schwerpunkte der weiteren Aufgaben wird die Senkung der Langzeitarbeitslosigkeit, die Vermittlung von älteren Arbeitslosen, die berufliche Integration von Migranten und die Verstärkung von Maßnahmen definiert, um schwerbehinderte Menschen in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu bringen. Für die Arbeitsmarktpolitik stellt die GWAB einen zentralen Baustein dar, auch als Verbindung von Arbeits- und Ausbildungsmarkt mit der regionalen Sozialpolitik.

5.5 Mit uns wird Inklusion durch die Ermöglichung eines selbstbestimmten Lebens und Unterstützung wie aus einer Hand entwickelt. Die Koalition unterstützt die Vernetzung der kommunalen Träger untereinander, insbesondere mit dem LWV Hessen und den Trägern der Freien Wohlfahrtspflege sowie Selbsthilfeinitiativen.

6. Gesundheit

6.1 Stationäre Versorgung
Die Lahn-Dill-Kliniken sind ein fester Grundbaustein der Gesundheitsversorgung für die Bevölkerung des Lahn-Dill-Kreises. Die Trägerschaft in öffentlicher Hand hat sich seit Jahrzehnten bewährt. Daher sollen die Lahn-Dill-Kliniken in öffentlicher Trägerschaft bleiben. Dies schließt Kooperationen mit anderen Trägern nicht aus, sofern dies im Interesse unserer Kliniken und deren Entwicklung sowie der Sicherstellung der Gesundheitsversorgung der Bevölkerung des Lahn-Dill-Kreises dienlich ist.

6.2 Ambulante Versorgung
Die ambulante Versorgung, sowohl die hausärztliche als auch die fachärztliche Betreuung auf dem Land, weisen heute schon Lücken auf und stellen ein zunehmendes zentrales Problem für die Bevölkerung des Lahn Dill Kreises dar. Wir begrüßen es, dass die Lahn Dill Kliniken hier eine zusätzliche Aufgabe der Gesundheitsversorgung in unserer Heimat wahrnehmen und fördern den weiteren Ausbau, sofern sich dies wirtschaftlich realisieren lässt. Das Landarztnetz Lahn-Dill ist ein kreativer und wichtiger Baustein zur hausärztlichen Versorgung und der Kooperation zwischen Klinik, niedergelassenen Ärzten und kassenärztlicher Vereinigung. Dem Prinzip der Subsidiarität folgend, strebt die Koalition primär eine persönliche Leistungserbringung engagierter, der Heimat des Lahn-Dill-Kreises verbundener Ärzte in selbständiger Niederlassung an, weil diese grundsätzlich auf viele Berufsjahre angelegt ist.

Verfahrensregeln

  1. Die Koalitionspartner vereinbaren eine vertrauensvolle Kooperation mit dem Ziel, nicht mit wechselnden Mehrheiten im Kreistag abzustimmen.
  2. Zur Vorbereitung der Sitzungen des Kreistages und der Ausschüsse stimmen sich die Koalitionspartner in der Koalitionsrunde, die regelmäßig vor den entscheidenden Sitzungen einberufen wird, ab.
  3. Anträge einzelner Koalitionsfraktionen in den Kreistag werden vor der Einbringung in der Koalitionsrunde vorgelegt und dort im Sinne einer Konsensfindung gemäß Ziffer 1 erörtert.

Personalien

Die Koalitionspartner sind sich darüber einig, die nachfolgend vereinbarten Personalentscheidungen einmütig bei den anstehenden Wahlen und Benennungen umzusetzen.

  1. Nach Ablauf der Amtszeit des Ersten Kreisbeigeordneten Heinz Schreiber wird diese Stelle neu ausgeschrieben. Das Vorschlagsrecht für diese Position liegt bei der FWG-Fraktion.
  2. Das Vorschlagsrecht für den weiteren hauptamtlichen Beigeordneten liegt bei der SPD-Fraktion.
  3. Soweit Wolfgang Schuster wieder zur Direktwahl des Landrats antritt, werden die Koalitionspartner keine eigenen Landratskandidaten aufstellen.
  4. Im Kreisausschuss wird der Landrat seine Möglichkeit, auch ehrenamtliche Beigeordnete mit deren Einverständnis mit Dezernaten zu beauftragen, nutzen. Hierfür wird jeweils ein ehrenamtlicher Beigeordneter der Koalitionspartner, die nicht mit hauptamtlichen Beigeordneten vertreten sind, berücksichtigt.

 

Wetzlar, den 17. Juni 2016